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Redaktion: Heinz Schmitz


Wissenschaft unterstützt Digitalisierung bei Mittelständler

industrielle Überwachungsanlage
Industrie 4.0: Überwachung einer Anlage am Touchdisplay. Über Remote-Zugänge kann der Mittelständler Saacke Kundenanlagen in Echtzeit aus der Ferne überprüfen und justieren. (Quelle: Saacke)

Die technische Komplexität, die Datensicherheit, die wirtschaftlichen Risiken und oft auch Vorbehalte im Betrieb – kleine und mittlere Unternehmen tun sich schwerer mit dem Schritt in die digitale Zukunft als die großen und setzen dabei immer häufiger auf externe Hilfe. Wie diese auch aus der Forschung kommen kann, zeigt ein beispielhaftes Projekt aus Bremen. Gemeinsam mit dem BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen geht der international agierende Mittelständler Saacke die digitale Transformation an. Eine Besonderheit dabei: Die Partner lassen andere Unternehmen an der Entwicklung teilhaben und initiieren einen Best-Practice-Dialog.

 

„Viele Mittelständler schauen der digitalen Revolution noch tatenlos zu“

 „Vielen Mittelständlern in Deutschland machen die neuen Informationstechnologien Angst“, berichtete die Wirtschaftswoche 2017 anlässlich einer McKinsey-Studie zum Digitalisierungsgrad im Mittelstand. „Statt die Herausforderungen energisch anzugehen, wartet das Gros der Unternehmen ängstlich ab. Und riskiert so, den Anschluss zu verlieren. Viele Mittelständler schauen der digitalen Revolution noch tatenlos zu und gefährden so ihr Geschäftsmodell und ihre bisherige Stärke“, resümierte das Magazin. „Gerade einmal zu 10,5 Prozent schöpfen die untersuchten Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 100 Millionen und zwei Milliarden Euro ihr digitales Potenzial aus.“

 

Bedenken unter anderem wegen Kosten, Implementierungsaufwand und Datensicherheit

Im Ergebnis unterscheidet sich diese Studie nicht wesentlich von unzähligen anderen jüngster Zeit zur Digitalisierung: KMU kämpfen mit Bedenken und Hemmschwellen. Sie sorgen sich vor allem wegen der Kosten, des Implementierungsaufwandes, des Datenschutzes und des möglichen Kontrollverlustes über ihre Daten. Sie scheuen das Risiko, weiß man auch im BIBA. Seit Langem fördert es den Transfer aus der Forschung in die praktische Anwendung mit zahlreichen Angeboten insbesondere für KMU. Mit einem ungewöhnlichen Transfer-Projekt will es nun gemeinsam mit dem Bremer Technologieunternehmen Saacke beispielhaft zeigen, wie KMU die Hürden beim digitalen Wandel künftig leichter nehmen können.

 

Vorhandenes Potenzial besser nutzen, darauf aufbauen und neue Geschäftsmodelle generieren

In dem Vorhaben forscht das BIBA unter Berücksichtigung der Bedenken und eingeschränkten Möglichkeiten von KMU zu Strategien und Methoden für die Implementierung neuer Technologien sowie zu neuen Geschäftsmodellen und Prozessen. „Dabei gilt es zunächst, das vorhandene Potenzial besser zu nutzen und darauf aufbauend smarte Technologien einzubinden“, erklärt BIBA-Projektleiter Dipl.-Wi.-Ing. Stefan A. Wiesner. „Es sollen zum Beispiel mehr Möglichkeiten geschaffen werden, mithilfe von Daten aus der Fertigung und aus dem Betrieb des Produktes beim Kunden in Echtzeit agieren zu können. Daraus ergeben sich unter anderem zahlreiche Optionen zur Entwicklung von Smart Services. Zu den großen Herausforderungen in dem Projekt zählen Datenschutz und -sicherheit.“

 

„Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch wirklich sinnvoll oder realisierbar“

Saacke hat nicht die Rationalisierung, sondern zuerst seine Kunden und Services sowie Ressourceneffizienz und Umweltschutz im Blick. „Wir wollen neue Geschäftsmodelle generieren und im Wettbewerb weiter Akzente setzen“, sagt Hetterscheidt. Er sieht in der Umstellung „viele Optionen für die kreative Weiterentwicklung des Unternehmens und Chancen zur Differenzierung“. Schrittweise und pragmatisch gehen die Projektpartner es an: „Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch wirklich sinnvoll oder realisierbar“, sind sich der Unternehmer und der Forscher einig. Zunächst nur im Rahmen eines neuen, größeren Auftrages des Unternehmens soll der Wandel exemplarisch vollzogen werden, im Austausch auch mit dem Kunden.

 

„So kommen wir schnell zu ersten Ergebnissen, halten Aufwand sowie Kosten in Grenzen und reduzieren das kalkulatorische Risiko. Dieses Vorgehen sichert eine relativ hohe Erfolgswahrscheinlichkeit“, ist sich Hetterscheidt sicher. „Mit diesem Pilotprojekt schaffen wir eine Blaupause für weitere Projekte und Kunden.“ Er hat die Digitalisierung zur Chefsache erklärt und von Beginn an verschiedene Disziplinen, Hierarchieebenen und den Betriebsrat in ein Digitalteam eingebunden. Der Wandel lasse sich nur erfolgreich vollziehen, wenn die Belegschaft ihn mittrage und unterstütze, meint er.

 

Workshop, erste Umsetzungsphase, und im Mai beginnt der Best-Practice- Dialog

Die Zusammenarbeit mit dem Digitalteam begann im November 2017 mit einem mehrtägigen Workshop im BIBA. Eine knapp 15-köpfige Gruppe, in der sich auch Hetterscheidt engagierte. Zunächst erfolgten eine Bestandsaufnahme und die Definition der Ziele. „Vielfach sind in den Betrieben schon zahlreiche für die Digitalisierung erforderliche Daten und Techniken vorhanden, werden aber noch nicht genutzt“, sagt Wiesner. Zudem erprobte die Workshop-Gruppe neue Methoden und Werkzeuge, erstellte Analysen, identifizierte Optionen, sammelte Ideen, eruierte die Möglichkeiten und definierte Arbeitspakete. Seitdem läuft im Unternehmen die erste Phase der Umsetzung.

 

Bereits im Mai beginnt der Best-Practice-Dialog, zu dem die Projektpartner weitere Unternehmen einladen. „Dieser Austausch über Erfahrungen, Probleme und Lösungen erfordert ein hohes Maß an Offenheit, und Saacke ist hier sehr aufgeschlossen“, sagt Wiesner. Daher verspreche er sich viel von den Diskussionen: „Wir möchten Impulse geben und auch erhalten.“

 

Siehe auch:

http://www.biba.uni-bremen.de/

http://www.saacke.com/

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