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Redaktion: Heinz Schmitz


Taktile Servolenkung für Kommissionierwagen

Kommissionierwagen
Am Augmented Reality-Simulator »Taktile Interaktion« werden experimentalpsychologische Untersuchungen zu typischen Latenzzeiten durchgeführt. (Foto Fraunhofer IFF)

In Logistikzentren geht es turbulent zu: Gabelstapler, Flurförderzeuge, Handwagen mit Motor – auch Ameisen genannt – befördern Lasten von A nach B. Bislang steuern die Mitarbeiter solche Ameisen über eine Bedienleiste mit fünf bis zehn Knöpfen. Da die vollgepackten Karren bis zu 500 Kilogramm schwer sein können, hat eine falsche Handhabung oftmals ernste Unfälle zur Folge.

 

Künftig sollen sich die motorisierten Handwagen intuitiver bedienen lassen: Mit taktilen Griffen, die Forscher am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und Automatisierung IFF in Magdeburg entwickeln. »Der Anwender lenkt das Gefährt allein durch den Druck seiner Hände«, erläutert Prof. Dr.-Ing. Klaus Richter, Kompetenzfeldleiter am IFF. »War das Lenken früher sehr kraftaufwändig, verfügt unser Griff über eine Art Servolenkung.« Das heißt: Die Mitarbeiter können den Wagen mit sehr wenig Kraftaufwand in die richtige Spur bringen. Möglich machen es Drucksensoren, die im Griff integriert sind. Da die Griffe für beide Hände mit Sensoren bestückt sind, erkennt der Wagen nicht nur, ob er geschoben oder gezogen wird. Indem die Software den Druck der rechten mit dem der linken Hand vergleicht, registriert der Wagen auch die jeweilige Richtung, die der Nutzer vorgibt. Wie viele Sensoren nötig sind, um das Gefährt gut lenken zu können, erforschen die Wissenschaftler derzeit – im Prototyp sind es zunächst vier Sensoren. »Wir wollen die Technik minimal halten, um auf diese Weise einen kostengünstigen Preis zu erzielen«, erklärt Richter.

 

Die Anweisungen, die der Mitarbeiter dem Kommissionierwagen über den Druck seiner Hände erteilt, werden an einen Motor, wie sie auch für Elektrofahrräder verwendet werden, weitergeleitet. Der Motor ist in der Lage, die Befehle innerhalb weniger Millisekunden umzusetzen – allerdings würde das den Menschen überfordern. »Wir entwickeln das System so, dass es eine maximale Schnelligkeit erreicht, und bringen dann künstliche Verzögerungen ein«, verrät Richter. Wie lang diese Verzögerungen ausfallen müssen, damit der Nutzer sich möglichst sicher und wohl mit der Bedienweise fühlt, sollen psychologische Untersuchungen mit Testpersonen zeigen. »Wir arbeiten momentan mit unseren Kollegen der Firma Cloud & Heat daran, alle Anweisungen von Mitarbeitern zunächst in eine Cloud zu überführen, zu sammeln und zu koordinieren«, sagt Richter. Biegt ein Mensch mit dem Gefährt um eine nicht einsehbare Kurve und droht ein Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug, werden beide Wagen automatisch gestoppt – analog zur Vision der Car-to-Car-Kommunikation. Die Forscher konnten bereits eine Latenzzeit von 10 Millisekunden erreichen. Das heißt: Das Signal braucht nur 10 Millisekunden, um vom taktilen Griff über die Cloud zurück zur Motorsteuerung zu gelangen.

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