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Redaktion: Heinz Schmitz


Supraleitung stabilisiert in Dünnschichtkeramik

Hochtemperatursupraleiter sind seit gut 30 Jahren bekannt: es sind besondere Metalloxid-Verbindungen, die Strom ohne Energieverlust leiten können. Anders als konventionelle Supraleiter müssen sie dafür nicht bis nahe an den absoluten Temperatur-Nullpunkt gekühlt werden. Vielmehr schaffen sie dies bei vergleichsweise hohen Temperaturen. Physiker haben an BESSY II des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) einen Weg gefunden, um die Supraleitung zu beeinflussen. Sie haben ein Materialsystem aus dünnen ferromagnetischen und supraleitenden Schichten untersucht. An den Grenzflächen bildeten sich Ladungsdichtewellen aus, die erstaunlich weit in die supraleitende Schicht hineinreichen. Der supraleitende Effekt konnte dadurch stabilisiert werden.

 

Supraleiter

Mit Hilfe der EELS-Elektronenspektroskopie lassen sich im Rasterelektronenmikroskop die Positionen der einzelnen Atome in der Heterostruktur kartieren: Die supraleitenden YBaCuO-Regionen sind an Yttrium (Blau) und Kupfer (pink) erkennbar, während in der ferromagnetischen Schicht Mangan (grün) und Lanthan (rot) eingebaut ist. (Bild: MPI Stuttgart.)

 

Ein typischer Hochtemperatursupraleiter ist Yttrium-Barium-Kupferoxid (YBaCuO) mit einer Sprungtemperatur von 92 Kelvin (minus 181 Grad Celsius). Das Kühlen mit flüssigem Stickstoff reicht aus, um diese Temperatur zu unterschreiten. Ein Team um Prof. Bernhard Keimer vom MPI für Festkörperphysik in Stuttgart und Dr. Eugen Weschke vom HZB haben nun in einem System aus dünnen YBaCuO- sowie ferromagnetischen Schichten entdeckt, wie sich Valenzelektronen verschieben lassen.

 

Mit resonanter Röntgenstreuung haben sie an BESSY II die Grenzflächen zwischen den ferromagnetischen und supraleitenden Schichten untersucht, wobei die ferromagnetischen Schichten 10 Nanometer dick waren; die YBaCuO- Schichten waren bis zu 50 Nanometer dick.

 

Alex Frano konnte dabei in seiner Doktorarbeit nachweisen, dass sich in den Kupferatomen der YBaCuO-Dünnschicht die Valenzelektronen kollektiv verschieben. Dies führt dazu, dass sich so genannte Ladungsdichtewellen in der YBaCuO-Schicht bilden, wobei diese nicht nur in unmittelbarer Nähe der Grenzflächen auftreten, sondern sich über die gesamte Dicke der Schicht bilden. „Das ist erstaunlich, weil frühere Untersuchungen gezeigt hatten, dass Supraleitung die Ausbildung von Ladungsdichtewellen unterdrückt“, sagt Frano.

 

 „Indem wir die Grenzflächen in die Heterostrukturen gebracht haben, ist es gelungen die Ladungsdichtewellen in Gegenwart der Supraleitung zu stabilisieren“, erläutert Eugen Weschke. Die YBaCuO-Schichten bleiben supraleitend, obwohl sich gleichzeitig die Ladungsdichten periodisch ändern. „Wie genau diese Koexistenz auf mikroskopischer Skala aussieht, ist eine spannende Frage, die mit weiteren Experimenten untersucht werden muss“, so der HZB-Forscher. Besonders interessant wäre es herauszufinden, ob man über diesen Mechanismus und durch weiteres geschicktes Design der Grenzflächen den supraleitenden Zustand gezielt kontrollieren kann.

 

Originalpublikation:

Long-range charge-density-wave proximity effect at cuprate/manganate interfaces, A. Frano, S. Blanco-Canosa, E. Schierle, Y. Lu, M. Wu, M. Bluschke, M. Minola, G. Christiani, H. U. Habermeier, G. Logvenov, Y. Wang, P. A. van Aken, E. Benckiser, E. Weschke, M. Le Tacon & B. Keimer, Nature Materials (2016) doi: 10.1038/nmat4682

 

Siehe auch:

http://www.nature.com/nmat/journal/vaop/ncurrent/full/nmat4682.html

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