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Redaktion: Heinz Schmitz


Ordnung bei kleinsten magnetischen Partikeln

Kleinste magnetische Partikel, die einen Durchmesser von zehn oder weniger Nanometern haben, bilden überraschende Anordnungen in Ketten, Flächen oder Würfeln. Diese Entdeckung machte eine internationale Forschungsgruppe um Prof. Dr. Ingo Rehberg, Prof. Dr. Birgit Weber und Prof. Dr. Stephan Förster an der Universität Bayreuth. Die neuen Erkenntnisse, an denen auch Forschungsteams der Universität Duisburg-Essen und am Europäischen Synchrotron (ESRF) in Grenoble beteiligt waren, haben große Relevanz für Anwendungen der Magnetresonanztomographie (MRT) in der Medizin und für die Weiterentwicklung magnetischer Speichermedien.

 

Über das Ordnungsverhalten kleinster magnetischer Partikel in einem Bereich von bis zu 10 Nanometern war bisher wenig bekannt. Die Wissenschaftler entdeckten nun, dass würfelförmige Nanopartikel dieser Größenordnung in einem magnetischen Feld hochgradig geordnete Strukturen ausbilden: Sie fügen sich spontan zu stabilen Ketten, Flächen und größeren Würfeln zusammen. Zugleich konnte auch die Ursache dieser Strukturbildung identifiziert werden. Wie die würfelförmigen Nanopartikel sich in einem magnetischen Feld zusammenschließen, hängt wesentlich davon ab, wie die Dipolmomente - also die magnetischen "Nordpole" und "Südpole" - innerhalb der Würfel angeordnet sind. Diese Anordnung wiederum wird insbesondere davon beeinflusst, wie sich die einzelnen würfelförmigen Nanopartikel zusammensetzen. Mit diesen grundlegenden Erkenntnissen hat die Forschergruppe einen Ansatz gefunden, die spontane Clusterbildung kleinster magnetischer Partikel gezielt zu beeinflussen, ja sogar zu kontrollieren.

 

Für die Magnetresonanztomographie (MRT) sind die Forschungsergebnisse von großem Interesse. Die MRT ist ein bildgebendes Verfahren, das in der medizinischen Diagnostik zur Darstellung der Gewebe und Organe im Körper eingesetzt wird. Je höher die Bildkontraste sind, desto klarer sind Gewebe- und Organstrukturen erkennbar. Ursache für die Bildkontraste sind die unterschiedlichen Relaxationszeiten verschiedener Gewerbearten. Es handelt sich hierbei um die Zeiträume, in denen die künstlich erzeugte Magnetisierung in den Gewebearten abgebaut wird. Schon länger ist bekannt, dass sich die Relaxationszeiten mithilfe von Kontrastmitteln optimieren lassen. Denn solche Kontrastmittel enthalten kleine Cluster magnetischer Nanopartikel; und die magnetischen Wechselwirkungen zwischen den Nanopartikeln innerhalb eines Clusters bestimmen die Relaxationszeit des jeweiligen Gewebes, in welches das Kontrastmittel eingebracht wird. "Mithilfe der jetzt untersuchten magnetischen Nanopartikel könnte die Anordnung in Clustern viel besser als bisher kontrolliert werden", erklärt Prof. Förster. "Damit bietet sich die Chance, die Relaxationszeiten so zu optimieren, dass sehr starke Kontraste erzeugt und anatomische Strukturen viel klarer sichtbar werden."

 

Ein weiterer Anwendungsbereich sind magnetische Speichermedien. Für die Menge der Daten, die darin gespeichert werden können, ist die Speicherdichte von großer Bedeutung. Mit den jetzt untersuchten Nanopartikeln können die Abstände zwischen den einzelnen Partikeln auf 7,2 Nanometer reduziert werden. Dies entspricht einer Speicherdichte von 12,4 Terabyte auf einer Fläche von knapp 6,5 Quadratzentimetern. Um eine stabile Anordnung der Partikel und eine zuverlässige Speicherkapazität zu erreichen, müssen die magnetischen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Partikeln möglichst präzise gesteuert werden. Auch hierfür bieten sich die kleinsten Nanopartikel an, deren überraschendes Ordnungsverhalten jetzt erstmals aufgedeckt wurde.

 

Die neuen Erkenntnisse widerlegen bisherige Annahmen, wie sie nicht zuletzt auch in Lehrbüchern zur Physikalischen Chemie verbreitet wurden. Bislang ist man davon ausgegangen, dass sich magnetische Dipolmomente stets in Reihen anordnen, wobei sie in direkt benachbarten Reihen jeweils in entgegengesetzte Richtungen weisen ("anti-ferromagnetische Anordnung"). Doch wie sich jetzt herausgestellt hat, bilden die Dipolmomente in den magnetischen Nanopartikeln geschlossene Kreise, die zu wesentlich höheren Bindungsenergien führen. Wie diese kreisförmigen Strukturen verlaufen, hängt insbesondere von der Anzahl der Partikel ab, aus denen sich die würfelförmigen Nanopartikel zusammensetzen. Und folglich sehen auch die Ketten, Flächen und Würfel verschieden aus, die durch diese Nanopartikel in magnetischen Feldern gebildet werden - je nachdem, wie diese Nanopartikel im Inneren strukturiert sind.

Elektronenmikroskopische Aufnahme kleinster magnetischer Nanopartikel (8 Nanometer), die sich im Magnetfeld spontan zu stabilen Ketten und Flächen angeordnet haben. (Quelle: Lehrstuhl Physikalische Chemie I, Universität Bayreuth)

 

Originalveröffentlichung:

Sara Mehdizadeh Taheri et al., Self-assembly of smallest magnetic particles, in: Proceedings of the National Academy of Sciences (2015), vol. 112 no. 47, pp. 14484-14489, DOI: 10.1073/pnas.1511443112

Owain Vaughan, Magnetic nanoparticles: Self-assembly at the limit, in: Nature Nanotechnology (Dec 2015), doi:10.1038/nnano.2015.296

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