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Redaktion: Heinz Schmitz


Mess-System für Schiffbau-Versuchsanstalten

Kleinste Partikel spielen im täglichen Leben eine immer größere Rolle. Ob es sich um Schadstoffe in der Luft (Feinstaubbelastung) oder Zerstäubungsprozesse durch Kraftstoffeinspritzung im Auto handelt, wenn aktuell hohe Werte bekannt gegeben werden, schlagen vielfach die Alarmglocken. Forscher des Instituts für Allgemeine Elektrotechnik der Universität Rostock unter Leitung von Professor Nils Damaschke haben jetzt ein Partikelmesssystem entwickelt, das kleinste Partikel und Blasen von einem Tausendstel bis zu einem zehntel Millimeter auf zwei Meter Entfernung berührungslos vermessen und sofort die Ergebnisse präsentieren kann. Dadurch wird es auch möglich, in den Strömungskanälen der zwei Schiffbau- Versuchsanstalten und in der freien See am realen Schiff unter rauen Bedingungen Mikropartikel ohne Probeentnahme zu vermessen.

 

Das Institut für Allgemeine Elektrotechnik war bereits zu DDR-Zeiten im „Ostblock“ führend im Bereich der laserbasierten Geschwindigkeits- und Partikelmesstechnik. An diesen Erfolg knüpft das Institut von Prof. Damaschke an. Die heutige Herausforderung: Hohe Kraftstoffpreise und die Klimadebatte zwingen Reedereien beim Schiffsneubau zum Umdenken. Derzeit machen die Energiekosten etwa die Hälfte der Betriebskosten in der Schifffahrt aus. Sinkende Frachtraten erhöhen zusätzlich den Bedarf an möglichst effizienter Technik. Aus diesem Grund wird an neuen Schiffsformen und Propellergeometrien durch norddeutsche Schiffbau- Versuchsanstalten und Universitäten geforscht. Wer heute einen Ozeanriesen bauen lässt, fordert nicht nur ausreichende Transportfähigkeit, sondern auch hohe Effizienz und Sparsamkeit.

 

So genannte Kavitationseffekte an Schiffspropellern entstehen am Übergang von der Saug-Seite zur Druckseite eines Propellers und sorgen dafür, dass Blasen erst aufgerissen werden und dann in der Nähe des Propellers implodieren. Kavitation lässt sich so erklären: Wenn Flüssigkeiten mit einer hohen Geschwindigkeit strömen oder wenn sich ein Objekt sehr schnell durch eine Flüssigkeit bewegt, können sich spontan Dampfblasen bilden. Dieser physikalische Effekt wird als Kavitation bezeichnet. In Wasser kann sie bereits ab einer Geschwindigkeit von 14 Metern pro Sekunde auftreten, führt zu erhöhtem Verschleiß und senkt die Effektivität des Antriebs. Das Team um Prof. Damaschke hat diesen sehr komplexen Effekt untersucht und mathematisch fassbar gemacht, was für eine qualitativ hochwertige Propellergeneration künftig zu beachten ist. Durch die Daten der Rostocker Forscher wird es für die Numerik des Schiffbaus in Zukunft möglich, die Propellerform so zu optimieren, dass weniger Kraftstoff verbraucht und der Propellerverschleiß auf Grund von Kavitation reduziert werden kann. „Wir arbeiten inzwischen an der weiteren Verfeinerung eines kommerziellen Messsystems für die weltweit agierenden Versuchsanstalten“, bilanziert der 44-Jährige Professor, der in Rostock studiert und an der Technischen Universität Darmstadt zur Geschwindigkeits- und Partikelmesstechnik promoviert hat, bevor er 2006 einen Ruf an seine Heimat-Universität Rostock annahm.

 

Das Forscherteam um Prof. Damaschke hat umfangreiche Modellversuche an Strömungs- und Kavitationskanälen sowie auf einem speziell ausgerüsteten Fährschiff mit hochspezialisierter Messtechnik vorzuweisen. So wurden in den Strömungskanälen der Versuchsanstalten und in der freien See am realen Schiff unter rauen Bedingungen Mikropartikel ohne Probeentnahme vermessen und ausgewertet.

 

Eine Schlüsselfunktion der Forschung für effizienteren Schiffbau hat in Rostock die optische 3D-Messtechnik. „Es können die drei räumlichen Geschwindigkeitskomponenten der Strömung erfasst, Partikel charakterisiert und klassifiziert werden“, sagt Forscher Eric Ebert. Die Rostocker haben seit 2012 die so genannte Hydrodynamic Nuclei Concenrtation-Technik so weit entwickelt, dass sie nicht nur unter Laborbedingungen funktioniert, sondern auch auf einer RoRo-Fähre,   die zwischen Rotterdam und Dublin verkehrt. Die HDNC-Technik ist ein laserbasiertes Verfahren und eine zielgerichtet Weiterentwickelung der Interferometric Particle Imaging-Technik. Die Strömung wird dabei mit einem grünen Laserstrahl beleuchtet und mit einer Kamera durch eine Optik unscharf aufgezeichnet.

 

Das Ergebnis sind Abbildungen der Partikel, die ein Interferenzmuster zeigen. Aus der Analyse der Interferenzmuster ergeben sich beispielsweise die Partikelklasse und die Blasengröße. „Wir haben die Bläschen unter dem Schiff im Zustrom des Propellers analysiert und für nummerische Kavitationsuntersuchungen der TU Hamburg Harburg bereitgestellt“, sagt Eric Ebert. Er verweist auch auf die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Messtechnik. An der Universität Rostock wird die Technik beispielsweise zur Untersuchung von 3D-Druckvorgängen und zum Finden von Lufteinschlüssen in Epoxyd-Harzen erprobt. In der Spraydiagnostik können beispielsweise Größenveränderungen von Partikeln während des Gefriertrocknens gemessen werden. Auch Pumpen-Hersteller sind ähnlich wie Propellerhersteller an Kavitationsuntersuchungen interessiert, da die Kavitation ein unerwünschter Prozess ist, der zu Verschleiß und Vibrationen führt. Insgesamt ist die durch die Universität Rostock entwickelte HDNC-Technik also für viele Industriebereiche interessant, wo es um das Vermessen kleinster Tropfen oder Blasen geht.

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