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Redaktion: Heinz Schmitz


Mehr Datenschutz durch intelligente Videoüberwachung

Intelligente Videoüberwachung
Das am Fraunhofer IOSB entwickelte, computergestützte Investigationssystem ivis-X für die digitale Forensik macht auch große Mengen an Videos schnell durchsuchbar. (Quelle: Fraunhofer IOSB)

Sicherheit und Freiheit – zwei konkurrierende, widersprüchliche Ziele? Neue, intelligente Verfahren der Videoanalyse sind in der Lage, erhöhte Sicherheit mit verbessertem Schutz der Persönlichkeitsrechte zu kombinieren. Das beweist das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB mit seinen neuesten Entwicklungen in diesem Bereich, von denen sich kürzlich auch der baden-württembergische Staatssekretär Martin Jäger bei einem Besuch einen Eindruck verschaffte. Eine hohe Aktualität hat das Thema intelligente Videoüberwachung durch das jüngst verabschiedete baden-württembergische Polizeigesetz, das erstmals einen rechtlichen Rahmen für solche Methoden schafft.

 

Das neue Polizeigesetz erlaubt eine intelligente Videoüberwachung zukünftig im präventiv-polizeilichen Bereich in drei Fällen: an Kriminalitätsschwerpunkten, bei »gefährdeten Objekten« sowie bei öffentlichen Veranstaltungen, sofern dort terroristische Anschläge drohen. Parallel zur bisherigen Videoüberwachung erstmals in der realen Anwendung getestet und weiterentwickelt werden soll die intelligente Technik in einem Modellprojekt in Mannheim. Vor diesem Hintergrund zeigten sich Martin Jäger, Staatssekretär im Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg, und der Landtagsabgeordnete Ulli Hockenberger (CDU) angetan von den aktuellen Forschungsarbeiten und -ergebnissen des Fraunhofer IOSB, die ihnen bei einem Besuch in Karlsruhe im Dezember präsentiert wurden.

 

»Unter anderem bei der Videoauswertung ist uns Privacy ein wichtiges Anliegen«, betonte der Leiter des Forschungsinstituts, Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Beyerer. »Unser Ansatz besteht darin, den gebotenen Datenschutz und Schutz der Persönlichkeitsrechte technisch zu erzwingen. Nur so werden solche Systeme unserer Überzeugung nach Akzeptanz finden.«

 

Wie das funktioniert, erläuterte Dr.-Ing. Markus Müller, Sprecher des Geschäftsfelds »Zivile Sicherheit« am Fraunhofer IOSB: Während bei konventioneller Überwachungstechnik jede Person in höchster Auflösung erfasst und gespeichert wird, auch wenn sie harmlosen Alltagsgeschäften nachgeht, biete die intelligente Videoüberwachung die Möglichkeit der »kaskadierten Anonymisierung«: »Dabei werden irrelevante Bereiche, Szenen und Personen von der Technik beispielsweise verpixelt oder ganz ausgeblendet.« Nur wenn ein Algorithmus Verdächtiges entdeckt, stellt das System das Bild scharf und alarmiert den menschlichen Operator. Müller:

»Dafür haben wir Verfahren in Entwicklung, die beispielsweise tätliche Übergriffe oder abgestellte und verwaiste Gegenstände erkennen sollen.« Die Software arbeitet handlungsbasiert. Sie ist also darauf ausgerichtet, Handlungsmuster zu erkennen.

 

Neben diesem präventiven Aspekt können intelligente Videoauswerteverfahren auch bei der nachträglichen Ermittlungsarbeit wichtige Unterstützung leisten, sofern in der Strafprozessordnung die rechtliche Ermächtigungsgrundlage besteht. Als Beispiel nannte Müller die Erkennung sogenannter soft biometrischer Merkmale wie etwa bestimmter Accessoires, Haarfarbe oder Körpergröße. »Solche Merkmale sind größtenteils veränderbar und aufgrund ihrer geringen Unterscheidungsfähigkeit nicht zur Identifikation geeignet.« Trotzdem könne die automatisierte Suche nach soft biometrischen Merkmalen in Videodaten den Ermittlern nach einer Straftat helfen: »In vielen Fällen sitzen Polizeibeamte heute oft endlose Stunden vor dem Bildschirm, um unzählige Videos zu sichten. Unsere Systeme können diese mühsame Arbeit der Polizeibeamten massiv erleichtern und verkürzen«.

 

Das Fraunhofer IOSB arbeitet seit Jahren an der Entwicklung und kontinuierlichen Verbesserung von musterbasierten Algorithmen zur automatischen Recherche in Bild- und Videodaten. Eine entsprechende Software ist bei manchen Landeskriminalämtern bereits im Einsatz.

 

Siehe auch:

http://www.iosb.fraunhofer.de/

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