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Redaktion: Heinz Schmitz


Big Data zur Beobachtung einzelner Zellen

Bestimmte Fragestellungen der modernen Zellbiologie können nur beantwortet werden, wenn ganz gezielt das Schicksal einzelner Zellen beobachtet wird. Forscher interessieren sich beispielsweise dafür, wie sich Stammzellen zu anderen Zelltypen weiterentwickeln. Da sich solche Prozesse aber teilweise über mehrere Tage erstrecken, ist die Analyse mit Standardmethoden, die oft nur einen einzigen Zeitpunkt des Prozesses messen, nicht ausreichend.

Big Data Softwqare zur Zellbeobachtung

Screenshot der neuen Software zur Auswertung von time-lapse Mikroskopie Filmen. (Quelle: Helmholtz Zentrum München)

 

Das Aufzeichnen und Analysieren sogenannter time-lapse Mikroskopie Filme, die aus vielen Einzelbildern bestehen und so die quasi-kontinuierliche Beobachtung von Zellen, erlaubt ist jedoch nicht trivial: „Auf der einen Seite müssen genug Bilder aufgenommen werden, um die Zellen nicht aus den Augen zu verlieren, auf der anderen Seite entstehen so enorme Datenmengen mit teilweise Millionen von Bildern“ erklärt Prof. Dr. Dr. Fabian Theis das bisherige Dilemma. „Es ging also darum, diese sprichwörtlichen Big Data für die Wissenschaft verwertbar zu machen.“ Theis ist Direktor des Institute of Computational Biology (ICB) am Helmholtz Zentrum München sowie Inhaber des Lehrstuhls für Mathematische Modelle biologischer Systeme der TU München. Er leitete die Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Timm Schroeder vom Department of Biosystems Science and Engineering (D-BSSE) der ETH Zürich mit Sitz in Basel. Ein time-lapse Mikroskopie.

 

Schroeder forschte bis 2013 selbst am Helmholtz Zentrum München und befasst sich seit langem mit der Dynamik von Stammzellen. Er wusste also bestens, was die neue Software können sollte: „Wir haben zwei separate Pakete geschnürt: ein manuelles Trackingtool und ein halbautomatisches Quantifizierungstool für Einzelzellanalysen in time-lapse Mikroskopie Filmen. Beide zusammen erlauben die Messung von Eigenschaften wie etwa Länge des Zellzyklus, die Expressionsdynamik bestimmter Proteine oder Korrelationen dieser Eigenschaften zwischen Schwesterzellen.“ Bei den beiden Software-Paketen handelt es sich zum einen um tTt (The Tracking Tool), was einzelnen Zellen verfolgt. Zum anderen ermöglicht das Programm qTfy die Quantifizierung von zellulären und molekularen Eigenschaften. Wenn es nach den Wissenschaftlern geht, sollen die neuen Möglichkeiten, die diese Programme bieten, möglichst vielen Forschern weltweit zur Verfügung stehen. Die Software ist daher kostenlos.

 

Und auch technische Hürden wurden so gut es ging beseitigt. „Unser Fokus lag darauf, die Anwendung auch für Forscher zu ermöglichen, die nicht über IT-Hintergrundwissen verfügen“, erklärt Schroeder. Und die Anwendung scheint gut zu funktionieren: zwei hochrangige Publikationen gehen bereits auf die ‚Spionagesoftware‘ für Zellen zurück.

 

Originalpublikation:

Hilsenbeck, O. & Schwarzfischer, M. & Skylaki S. et al. (2016). A software for single-cell quantification of cellular and molecular dynamics in long- term time-lapse microscopy, Nature Biotechnology, DOI: 10.1038/nbt.3626

Publikationen basierend auf der Software:

Filipczyk, A. (2015). Network plasticity of pluripotency transcription factors in embryonic stem cells. Nature Cell Biology, DOI: 10.1038/ncb3237

Hoppe, P. (2016). Early myeloid lineage choice is not initiated by random PU.1 to GATA1 protein ratios. Nature, DOI: 10.1038/nature18320

 

Siehe auch:

http://www.bsse.ethz.ch/csd/software/ttt-and-qtfy.html

http://www.nature.com/nbt/journal/v34/n7/full/nbt.3626.html

http://www.helmholtz-muenchen.de/

http://www.tum.de/

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