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Redaktion: Heinz Schmitz


Virtual Reality ohne Kopfschmerz

Micro Display
24 mm 120 Hz WUXGA OLED Microdisplay. (Quelle: Fraunhofer FEP)

VR-Brillen werden immer beliebter. Nicht nur Computerfans sind davon begeistert - auch sind virtuelle Rundgänge durch Museen und Ausstellungen möglich und potenzielle Käufer können das Interieur ihres neuen Autos in verschiedenen Farben und Ausstattungen "ansehen". Allerdings sind die derzeit erhältlichen VR-Brillen in der Regel schwer und übergroß dimensioniert. Gleichzeitig schlägt das Gefühl "mitten in der Szenerie zu stehen" oft in eine Art Seekrankheit um, sodass man sich fühlt, als ob man bei starkem Wellengang auf dem Deck eines Bootes steht. Diese 'Simulationskrankheit' (Motion Sickness), die Kopfschmerz, leichten Schwindel oder Übelkeit hervorrufen kann, wird teils durch die niedrigen Bildraten und das Flackern der Bilder und teils durch ein unpassendes Sichtfeld der VR-Brillen verursacht.

 

Die Forschungsergebnisse des Projekts LOMID (Large cost- effective OLED microdisplays and their applications) sollen diese Herausforderungen lösen: Großflächige OLED-Mikrodisplays in Kombination mit einer anspruchsvollen Freiform-Optik bieten die Möglichkeit, VR- Brillen ergonomisch und leichtgewichtig zu designen. Überdies wird durch die erhöhte Bildrate die Anfälligkeit für Motion Sickness beim Anwender gemindert. Im Rahmen des Projekts haben die Wissenschaftler des Fraunhofer FEP neue OLED-Mikrodisplays mit einer Größe von einem Zoll, der Auflösung von 1920 × 1200 Pixeln (WUXGA, 2300 ppi) und einer erhöhten Bildrate von 120 Hz entwickelt. In der vom Projektpartner Limbak entwickelten ultrakompakten Optik werden zwei dieser Displays pro Auge nahtlos arrangiert, sodass insgesamt vier Displays für das gesamte Headset im Einsatz sind. Mit zwei WUXGA-Mikrodisplays pro Auge bietet das Headset eine Gesamtauflösung von 4800 × 1920 Pixeln, was fast 5k entspricht. Dieses Design ermöglicht sowohl eine sehr hohe effektive Displayauflösung als auch ein breites Sichtfeld (> 100°) und erzeugt einen exzellenten VR-Eindruck.

 

VR Brille
Prototyp einer VR-Brille mit 4 hochauflösenden OLED-Mikrodisplays. (Quelle: Limbak)

Darüber hinaus konnten die Optikspezialisten von Limbak den Abstand zwischen Display und Auge des Nutzers auf nur 37 mm reduzieren – also wesentlich weniger als den 60-75 mm großen Abstand bei den meisten herkömmlichen Headsets. Dieses ultrakompakte Design reduziert das Gewicht des Systems auf etwa ein Viertel sowie das Gewicht auf die Hälfte einer herkömmlichen Brille bei gleichgroßem Sichtfeld. Judith Baumgarten, Wissenschaftlerin im Bereich IC- und Systemdesign am Fraunhofer FEP, erläutert den Designansatz, um eine höhere Bildrate zu erreichen und damit die Motion-Sickness-Effekte und das Flackern in VR- Anwendungen zu reduzieren: "Um eine höhere Bildrate von 120 Hz anbieten zu können, benötigten wir höhere Datenraten. Deshalb haben wir die parallele Schnittstelle der OLED-Mikrodisplays erweitert. Der Modus des angezeigten Bildes kann von Hold- auf Impulsbetrieb umgestellt werden. Dabei werden die künstlichen Bewegungsartefakte und das Flimmern durch einen speziellen Rolling-Emissions-Modus beseitigt. Der Chip bietet auch spezielle Look-up- Tabellen zur Gammakorrektur – so kann jeder Farbkanal (rot, grün, blau und

weiß) individuell kalibriert werden. Dadurch erreichen wir eine hervorragende Bildqualität zusammen mit einem sehr hohen Kontrastverhältnis > 100.000 : 1 bei außergewöhnlich niedrigem Stromverbrauch. Wir freuen uns sehr über diese positiven Ergebnisse unserer Displays. In Kombination mit dem ultrakompakten Limbak-Design für die optischen Komponenten ist die Entwicklung wirklich kompakter, leichter und angenehmer VR-Geräte mit einer hervorragenden Bilddarstellung möglich.“

 

Das Zusammenstellen mehrerer OLED-on-Silizium-Mikrodisplays innerhalb des Systems hat insgesamt dazu beigetragen, den Formfaktor und das Gewicht zu reduzieren und gleichzeitig die Auflösung auf ein Niveau zu erhöhen, das herkömmliche TFT-basierte AMOLED-Displays in VR-Headsets aufgrund ihrer begrenzten Pixeldichte derzeit nicht erreichen. Auch zeichnet sich der LOMID-Ansatz durch die gute Wafer-Ausbeute aus, wodurch die Herstellungskosten in einem vertretbaren Rahmen gehalten werden. Letzteres war auch eines der Hauptziele innerhalb des LOMID-Projekts. Der Partner X-FAB entwickelte in seiner CMOS-Silizium-Foundry wirtschaftliche Verfahren mit Augenmerk auf die Schnittstelle zwischen der oberen Metallelektrode der CMOS-Backplane und den nachfolgenden OLED-Schichten. Weiterführend ist MICROOLED S.A.S. innerhalb des Projektes verantwortlich für die Herstellung der Schlüsselkomponente für solche VR-Brillen – nämlich der OLED-Mikrodisplays auf diesen CMOS-Wafern.

 

Siehe auch:

www.lomid.eu

http://s.fhg.de/Pk8

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