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Redaktion: Heinz Schmitz


Temperaturgradienten magnetischer Domänenwände

Magnetische Nanostrukturen – genauer: das Wechselspiel zwischen Ladung, Spin und Stromfluss in Abhängigkeit eines Temperaturgradienten bei solchen Strukturen – sind das Thema eines schnell wachsenden Forschungsgebietes namens Spin-Kaloritronik, das bereits mit einer ganzen Reihe von neu entdeckten, interessanten Effekten und vielversprechenden Anwendungen aufwarten kann. In der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ist es jetzt zum ersten Mal gelungen, die thermoelektrischen Eigenschaften einer einzelnen magnetischen Domänenwand zu messen. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Physical Review B veröffentlicht und sogar als „Editors‘ Suggestion“ hervorgehoben. Da magnetische Domänenwände in allen makroskopischen und nanoskaligen magnetischen Materialien und Bauteilen auftreten, ist die Tatsache, dass nun neben den magnetischen und elektrischen Eigenschaften auch erstmals die thermoelektrischen Eigenschaften dieser grundlegenden magnetischen Strukturen erfasst und beschrieben werden können, für eine ganze Reihe von Anwendungen von Bedeutung.

 

Bereits im Jahre 1821 entdeckte der Physiker Thomas Johann Seebeck, dass ein Temperaturunterschied zwischen den Enden eines metallischen Drahtes zu einer elektrischen Spannung zwischen der Drahtenden führt. Dieser sogenannte Seebeck-Effekt wird heute z. B. in Thermoelementen für die direkte Umwandlung von Abwärme in elektrische Energie genutzt. Die Größe der erzeugten elektrischen Spannung hängt dabei nicht nur von den elektrischen, sondern auch von den magnetischen Eigenschaften des Materials ab. So ändert sich in einem ferromagnetischen Metall (wie z. B. Eisen) der Seebeck-Koeffizient bei Drehung der Magnetisierung in einem externen Magnetfeld. Dieses Verhalten wird auch als Magneto-Seebeck-Effekt bezeichnet.

 

In der PTB wurden nun erstmals die thermoelektrischen Eigenschaften einzelner magnetischer Nanodrähte detailliert unter die Lupe genommen. Stoßen in einem magnetischen Nanodraht zwei Bereiche mit unterschiedlich ausgerichteter Magnetisierung aneinander, so entsteht im Grenzbereich eine magnetische Domänenwand. Die An- oder Abwesenheit der Domänenwand macht sich dabei durch eine Änderung des elektrischen Widerstandes des Drahtes bemerkbar, der über elektrische Kontakte gemessen werden kann.

 

In den neuen Untersuchungen wurde nun erstmals gezeigt, dass die An- oder Abwesenheit der Domänenwand auch zu einer messbaren Änderung der von dem Draht erzeugten Thermospannung führt. Dafür wurde in den Experimenten die eine Seite des Drahtes mit einem elektrischen Heizer erwärmt und über zwei Kontakte die Seebeck-Spannung gemessen (siehe Abbildung). Eine Einkerbung des Drahtes erlaubte es, zwischen den Kontakten genau eine einzelne magnetische Domänenwand einzufangen und den daraus resultierenden Unterschied der Seebeck-Spannung zu bestimmen. Dabei zeigte sich, dass der Domänenwand-Magneto-Seebeck-Effekt zu einer Erhöhung der insgesamt gemessenen Thermospannung des Nanodrahtes führte.

 

Magnetische Domänenwände treten in allen makroskopischen und nanoskaligen magnetischen Materialien und Bauteilen auf. Mit den nun publizierten Ergebnissen konnten neben den magnetischen und elektrischen Eigenschaften auch erstmals die thermoelektrischen Eigenschaften dieser grundlegenden magnetischen Strukturen erfasst und beschrieben werden.

 

Originalveröffentlichung:

Patryk Krzysteczko, Xiukun Hu, Niklas Liebing, Sibylle Sievers, Hans W. Schumacher: Domain wall magneto-Seebeck effect. Phys. Rev. B 92, 140405(R) (2015)

http://journals.aps.org/prb/abstract/10.1103/PhysRevB.92.140405

http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevB.92.140405

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