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Redaktion: Heinz Schmitz
Mit Spinwellen zu ultraschnellen Schaltkreisen
Computerchips werden immer kleiner und sie rechnen immer schneller. Doch die gängigen Konzepte, auf denen elektronische Bauelemente beruhen, werden schon bald an ihre Grenzen stoßen. Dann sind Dimensionen und Taktfrequenzen ausgereizt. Deshalb gewinnen alternative Ansätze zur Informationsverarbeitung an Bedeutung. Am Helmholtz-Zentrum Dresden- Rossendorf (HZDR) forscht Dr. Helmut Schultheiß an Spinwellen, die als Grundlage für völlig neuartige Bauelemente gelten. Damit lassen sich – so die Erwartungen – Daten noch schneller verarbeiten bei gleichzeitig weniger Stromverbrauch und geringerer Abwärme. Bereits in seiner Doktorarbeit hat er auf dem Gebiet der Spinwellen geforscht. Magnonen – so heißen die Wellen in der Fachsprache – sollen Mikroprozessoren zu mehr Leistung verhelfen. Heutige Chips arbeiten mit Elektronen, die durch Leiterbahnen und Bauelemente fließen. Bei den Magnonen muss hingegen kein Ladungsträger mehr bewegt werden. Helmut Schultheiß beschreibt das zugrundeliegende Phänomen: „Jedes Elektron hat ein magnetisches Moment, den sogenannten Spin. In einem ferromagnetischen Material kann man diese Spins so anregen, dass sie eine Welle bilden.“ Und mithilfe solcher Wellen kann man Informationen ebenso weitergeben wie mit fließenden Ladungsträgern. „Die Magnonik erlaubt eine besonders schnelle Signalverarbeitung auf sehr kleiner Längenskala“, betont Schultheiß, „Spinwellen haben Frequenzen bis in den Terahertzbereich.“
In klassischen ferromagnetischen Legierungen wie zum Beispiel Permalloy, aber auch in neuartigen Materialsystemen wollen die Forscher zu Untersuchungszwecken Spinwellen anregen und verfolgen, wie die Magnonen sich ausbreiten und miteinander wechselwirken. Denn wenn sich die Spinwellen überlagern, kommt es zum Auslöschen oder zur Verstärkung, wodurch Logikbausteine wie zum Beispiel Schalter entstehen. Um die Proben zu präparieren, stehen am HZDR das Ionenstrahlzentrum, mit dessen Anlagen man zielgerichtet Ionen in das Material einbringen kann, zur Verfügung sowie Reinräume mit Verfahren der Elektronenstrahllithografie.
Spinwellen lassen sich mit verschiedenen Verfahren erzeugen. Helmut Schultheiß will mit seiner Nachwuchsgruppe gleich drei davon erproben. „Zum einen wollen wir Mikrowellen nutzen“, sagt der Physiker. Diese Mikrowellenfelder können an die Eigenfrequenzen der Spins im Material ankoppeln und so eine Spinwelle hervorrufen. Ein zweiter Ansatz besteht in der Nutzung von konventionellen Ladungsströmen. Fließende Elektronen können über den Spin-Hall-Effekt einen sogenannten Spin-Strom erzeugen, der wiederum Spinwellen anregen kann. „Dieser Spin-transfer-torque-Effekt wurde erst in den 1990er Jahren entdeckt“, unterstreicht Schultheiß die Aktualität seiner Forschungen auf dem Gebiet. In weiteren Versuchen wollen die HZDR-Wissenschaftler untersuchen, ob sich Spinwellen mit Licht anregen lassen – und in Umkehrung dazu, wie man mithilfe von Magnonen Licht manipulieren kann. „Das wäre eine neue Technologie als Brücke zwischen Photonik und Elektronik“, sagt Schultheiß.
Ferromagnete und ihre Eigenschaften sind ein hochaktuelles Forschungsgebiet. Dünne Schichten dieser Materialien haben in jüngster Zeit bei der Datenspeicherung und -verarbeitung breite Anwendung gefunden. So basiert heute die Funktionsweise des Schreib-Lese-Kopfes einer jeden Festplatte auf dem TMR-Effekt, dem Tunnelmagnetowiderstand, der in bestimmten magnetischen Schichtstrukturen auftritt. Der Effekt ist die Weiterentwicklung des Riesenmagnetowiderstandes, der 1988 von Albert Fert und Peter Grünberg entdeckt wurde, wofür die beiden 2007 den Physik- Nobelpreis erhielten.
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