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Redaktion: Heinz Schmitz


Digitale Amnesie

Kaspersky Lab hat zusammen mit dem Institut „Opinion Matters“ in einer europaweiten Studie festgestellt, dass die Nutzung eines dank Smartphone und Tablet allgegenwärtigen Internets unser kognitives Verhalten offenbar erheblich beeinflusst. Demnach nutzt die überwältigende Mehrheit der befragten Deutschen (83,5 Prozent) bereits jetzt das Internet als eine Art externe Speichererweiterung des eigenen Gedächtnisses. Und jeder zehnte Deutsche (10,1 Prozent) verlässt sich sogar gänzlich auf die Möglichkeit, bestimmte Fakten immer online nachschlagen zu können. Kaspersky Lab bezeichnet die Neigung des Menschen, auf einem digitalen Gerät gespeicherte Informationen zu vergessen als „digitale Amnesie“ und weist auf den zunehmenden Schutzbedarf internetfähiger Geräte hin.

 

Es mag beruhigen, dass immerhin noch eine Mehrheit der befragten Europäer (57 Prozent) zuerst den Kopf einschaltet und nicht den Rechner, wenn die Antwort auf eine Frage gesucht wird. Fakt ist aber auch, dass sich in Deutschland mehr als jeder Vierte (28,4 Prozent) sofort online auf die Suche nach Antworten begibt, noch bevor irgendeine andere Problemlösung ins Auge gefasst wird.

 

Was im Internet steht, muss man sich nicht merken. Diese Ansicht vertritt ebenfalls etwa jeder Vierte (23,3 Prozent) der in Deutschland befragten Nutzer. Dabei sind es laut Studie vor allem Menschen ab 45 Jahren, die sich zunehmend auf das Internet verlassen. „Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen mit zunehmendem Alter Probleme haben, Fakten im Gedächtnis abzurufen, weil dort im Alter so viele Informationen abgespeichert sind, dass der Suchprozess einfach länger dauert“, erklärt Dr. Kathryn Mills vom Institute of Cognitive Neuroscience am University College London (UCL). „Theoretisch gesehen erleichtert die Auslagerung bestimmter Informationen auf digitale Speicher daher das Abrufen von Informationen aus dem Gedächtnis.“

 

Welche Art von Informationen merken wir uns noch? Auch hier gibt die Studie Hinweise auf einen Wandel. So glauben fast zwei Drittel (65 Prozent) der deutschen Befragten, dass man sich online recherchierbare Informationen nicht mehr zu merken braucht. Sie prägen sich stattdessen den Weg ein, wie sie an die gesuchten Fakten gelangen. Die wachsende Bedeutung des Internets ist vermutlich auch darin begründet, dass viele ihr Wissen immer schneller parat haben wollen. 59,4 Prozent der Befragten in Deutschland gaben an, keine Zeit mehr für die Suche in Büchern und Bibliotheken zu haben. Sie finden die gewünschten Fakten schneller und einfacher im Internet.

 

„Oft wird behauptet, Informationen online zu recherchieren anstatt sie im Gedächtnis zu haben, mache unser Denken oberflächlicher“, sagt Dr. Maria Wimber, Dozentin an der School of Psychology der University of Birmingham. „Studien haben gezeigt, dass das aktive Abrufen von Fakten aus dem Gedächtnis dort zu einer dauerhaften Verankerung führt. Werden dieselben Fakten dagegen immer wieder passiv im Internet gesucht, prägen wir sie uns nicht vergleichbar tief ein. Man kann also sagen, dass der Trend zur Suche im Internet nicht gerade förderlich für die Entwicklung unseres Langzeitgedächtnisses ist. Insofern werden Informationen von uns tatsächlich oberflächlicher und flüchtiger verarbeitet.“

 

„Wir möchten mit der Studie die Auswirkungen der digitalen Amnesie untersuchen. Es gilt IT-Sicherheitsrisiken aufzuzeigen und zu begrenzen“, sagt Holger Suhl, General Manager DACH bei Kaspersky Lab. „Mit steigender Nutzung des Internets sollten sich Anwender auch zunehmend Gedanken über den Schutz vor Cybergefahren machen – egal über welches Gerät sie das Web nutzen. Denn unsere IT-Sicherheitsexperten stellen fest, dass die überwiegende Mehrheit aller digitalen Angriffe heutzutage über das Internet erfolgt.“

 

Das Vertrauen in ein allgegenwärtiges Internet spiegelt sich allerdings nicht in einer adäquaten IT-Sicherheit der dafür genutzten Geräte wider. So sind bei den befragten Nutzern in Deutschland nur 38,9 Prozent der Smartphones beziehungsweise 22,3 Prozent der Tablets mit einer zusätzlichen Sicherheitslösung ausgerüstet. Bei 12,5 Prozent der Befragten wird überhaupt keines der internetfähigen Geräte geschützt.

 

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