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Redaktion: Heinz Schmitz


App-Angebot schrumpft nach Werbeeinschränkung

Targeted Advertising

Forscher haben erstmals untersucht, wie sich ein Wegfall von personalisierter Werbung auf das App-Angebot auswirkt. Google hat 2019 Targeted Advertising, die sich an Kinder richtet, in seinem Play Store verboten. (Quelle: Gerd Altmann/Pixabay)

 

Die meisten Smartphone-Apps sind kostenlos, die Anbieter finanzieren sie mit Werbung – vielfach mit sogenanntem Targeted Advertising. Die Apps werten Daten wie das Nutzungsverhalten und den Standort bis hin zu Fotos und Nachrichten aus, um dann Werbung anzuzeigen, die auf die Personen zugeschnitten ist. Diese Praxis steht als Eingriff in die Privatsphäre in der Kritik, ihr Verbot wird vielfach gefordert. Die EU wird Targeted Advertising mit dem Digital Services Act ab 2024 stärker regulieren, in den USA gibt es ähnliche Pläne. Unternehmen wenden sich gegen Einschränkungen und argumentieren, ohne Einnahmen aus personalisierter Werbung könnten viele Apps nicht mehr angeboten werden und fehle der Anreiz, neue Produkte zu entwickeln.

 

Prof. Jens Förderer und Tobias Kircher von der Professur für Innovation und Digitalisierung an der Technischen Universität München (TUM) Campus Heilbronn haben deshalb erstmals empirisch untersucht, wie sich ein Wegfall von personalisierter Werbung auf das App-Angebot auswirkt. Dafür analysierten sie die Folgen des Verbots von Targeted Advertising, das Google 2019 in seinem Play Store für Android-Apps erließ, die sich an Kinder richten. Die Forscher verglichen den Zeitraum ein Jahr vor und zehn Monate nach dem Bann.

 

Neue Angebote um ein Drittel reduziert

Die Studie zeigt, dass nach dem Verbot personalisierter Werbung weniger neue Apps auf den Markt kamen, mehr Apps als zuvor eingestellt wurden und weniger Updates in bestehenden Apps angeboten wurden als vor dem Bann:

 

* Die Zahl neuer Apps, die pro Anbieter veröffentlicht wurde, ging um mehr als ein Drittel zurück.

 

* Die Wahrscheinlichkeit, dass eine App vom Markt genommen wurde, stieg um gut 10 Prozent.

 

* Die Betreiber spielten 17 Prozent weniger Updates ein. Dabei handelte es sich nicht nur um Weiterentwicklungen der Apps, sondern auch um Wartungs- und Sicherheitsupdates.

 

Die Forscher stellten diese Entwicklung bei nahezu allen Anbietern fest. Besonders ausgeprägt war sie bei kleinen und jungen Firmen, also vor allem bei Start-ups. Ausgenommen waren lediglich außerordentlich beliebte Apps, auf deren Weiterentwicklung sich die Unternehmen offenbar konzentrierten. Die Forscher gehen davon aus, dass es einen ähnlichen Rückgang des App-Angebots nach einem Verbot von Targeted Advertising auch bei Apps für Erwachsene geben würde.

 

„Herausfinden, wofür Nutzer zahlen würden“

„Besserer Datenschutz bei Smartphone-Apps ist ein wichtiger Schritt, gerade bei Kindern“, betont Jens Förderer. „Die Frage ist: Wie finden wir einen Weg aus der Falle, dass die Verbraucher gewohnt sind, Apps kostenlos zu nutzen, und die Unternehmen ihr Geschäftsmodell auf personalisierter Werbung aufgebaut haben? Und zwar ohne das Angebot bei innovativen Apps zu verringern, die für die Verbraucher sehr nützlich sind? Unsere Erkenntnisse bieten sowohl für die Politik als für die Wirtschaft eine Entscheidungsgrundlage.“

 

Unternehmen sollten sich rechtzeitig auf gesetzliche Regulierungen einstellen. „Für den Fall eines Targeted-Advertising-Verbots müssen Unternehmen mit gravierenden Folgen für ihren Umsatz rechnen“, sagt Tobias Kircher. „Sie sollten deshalb dringend herausfinden, für welche App- Funktionen Nutzer zahlen würden. Mehr noch: Sie sollten Strategien entwickeln, die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen.“

 

Originalveröffentlichung:

Tobias Kircher, Jens Foerderer (2023) Ban Targeted Advertising? An Empirical Investigation of the Consequences for App Development. Management Science 0(0)

https://doi.org/10.1287/mnsc.2023.4726

 

Siehe auch:

https://www.tum.de/

 

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