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Redaktion: Heinz Schmitz


Maschinelles Lernen für mehr Zufriedenheit im Internet

Maschinelles Lernen für mehr Zufriedenheit im Internet

Mit maschinellem Lernen (ML) sollen Modelle entwickeln werden, die die hohe Komplexität der Wechselwirkungen zwischen Nutzer, Anwendungen und Netzen besser abbilden als bisherige Modelle. (Quelle: Chen auf Pixabay)

 

Rund 4,9 Milliarden Menschen weltweit waren nach Angaben der International Telecommunication Union, einer Organisation der Vereinten Nationen, im Jahr 2021 im Internet unterwegs. Damit ist die Anzahl der „Onliner“ innerhalb von zehn Jahren um rund 2,73 Milliarden gestiegen. In Deutschland haben mehr als 66 Millionen Menschen im vergangenen Jahr das Internet genutzt. Durchschnittlich haben sie dort 149 Minuten am Tag verbracht – bei Jugendlichen waren es sogar 241 Minuten. Während auf der einen Seite durch den Netzausbau die Download- Geschwindigkeit steigt, wachsen auf der anderen Seite die Anforderungen von Nutzerinnen und Nutzern und den Anwendungen mindestens genauso schnell. Dadurch kommt es trotz Ausbau der Infrastruktur zu Verzögerungen, Engstellen oder gar Überlast – und wird es auch zukünftig kommen.

 

Für Abhilfe sorgen könnte ein Netzmanagement, das die beschränkten Ressourcen in den Netzen besser zuteilt. Wie dieses mit Hilfe künstlicher Intelligenz seine Aufgaben erfüllen könnte, erforscht der Informatiker Dr. Michael Seufert. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ihm dafür jetzt eine Forschungsgruppe im Rahmen ihres Emmy-Noether-Programms genehmigt.

 

Ein nutzerzentriertes Netzmanagement

Ausgestattet mit rund zwei Millionen Euro kann Seufert in den kommenden sechs Jahren sein Ziel verfolgen, ein nutzerzentriertes Netzmanagement zu entwickeln, das dazu beiträgt, dass auch bei Engpässen im Netz möglichst viele Nutzerinnen und Nutzer zufrieden mit der angebotenen Leistung sind. Wobei „Netz“ in diesem Fall ein weitgefasster Begriff ist. Dazu gehören WLAN genauso wie Mobilfunk-, DSL-, Kabel- oder Glasfasernetz. „Zunehmende Datenmengen und steigende Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer bleiben eine Herausforderung für Betreiber von Kommunikationsnetzen“, beschreibt Seufert den Hintergrund seines Forschungsprojekts. Ein Ausbau der Infrastruktur könnte dagegen helfen, ist allerdings teuer und langwierig. Zudem sei auch damit nicht garantiert, dass für alle User und alle Anwendungen wie beispielsweise Videokonferenzen, Musikstreaming, Online-Gaming oder Cloud-Anwendungen, die gewünschte Qualität zur Verfügung steht. Quality of Experience, oder kurz QoE, lautet der Fachbegriff dieser subjektiven Dienstgüte.

 

QoE-Fairness ist ein weiterer Begriff, der in Seuferts Forschungsprojekt eine zentrale Rolle einnimmt. Dahinter steckt, vereinfacht gesagt, der Gedanke, dass bei Engpässen im Netz der Verkehr so geregelt wird, dass eine möglichst große Zahl von Nutzerinnen und Nutzer trotzdem mit der angebotenen Leistung möglichst zufrieden ist. Erreicht werden soll dies über das Netzmanagement. Dieses kann bei Engpässen Netzressourcen, wie etwa die Bandbreite, so zuteilen, dass QoE und QoE-Fairness maximal mögliche Werte erreichen.

 

Maximale Zufriedenheit für möglichst viele

Was Seufert konkret vorhat, ist, mit Hilfe des maschinellen Lernens (ML), Modelle zu entwickeln, die die hohe Komplexität der Wechselwirkungen zwischen Nutzer, Anwendungen und Netzen besser abbilden als bisherige Modelle. „Um die Quality of Experience für beliebige Internetanwendungen ermitteln zu können, muss man das Wechselspiel zwischen QoE und Nutzerverhalten messen und modellieren“, sagt der Informatiker.

 

Zusätzlich plant er, die Methoden des maschinellen Lernens für den Einsatz auf verschlüsseltem Netzverkehr anzupassen. Verschlüsselung hat zwar den Vorteil, dass die Privatsphäre der Endnutzer gewahrt bleibt. Netzbetreibern bringt sie allerdings den Nachteil, dass diese nicht mehr so leicht erkennen können, welche Anforderungen Applikationen an das Netz stellen und wie zufrieden Endnutzer sind. „Durch angepasste ML-Modelle kann man zukünftig wieder genauere Abschätzungen über Applikationsanforderungen und Nutzerzufriedenheit vornehmen, die Privatsphäre der Endnutzer bleibt aber geschützt“, sagt Michael Seufert.

 

Flexibel auf steigende Anforderungen reagieren

Hat man Probleme im Netz erkannt oder sind Beeinträchtigungen für die Endnutzer absehbar, muss die Netzkonfiguration – und damit die Behandlung der Datenströme im Netz – verbessert werden. Seufert will dafür maschinelles Lernen in Form eines verstärkenden Lernens einsetzen – in der Fachsprache Reinforcement Learning (RL) genannt. Netze sollen dabei lernen, wie sie sich automatisiert und flexibel selbst auf die jeweiligen Anforderungen anpassen können. Hier will die Forschungsgruppe die Grundlagen dafür erarbeiten, dass die eingesetzten RL-Modelle für verschiedene Netzarten und unterschiedliche Netzbedingungen eine jeweils optimale Netzkonfiguration lernen können.

 

Ziel sei es letztendlich, Netze flexibel so auf die jeweiligen Anforderungen zuzuschneiden, dass QoE und QoE-Fairness der Nutzer bei unveränderten Ressourcen steigen. Dies komplementiere den Ausbau der Netzinfrastruktur und ermögliche es Netzbetreibern, die steigenden Anforderungen in den Kommunikationsnetzen zu bewältigen.

 

Siehe auch:

https://www.uni-wuerzburg.de

 

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