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Redaktion: Heinz Schmitz


Zellulärer Herzschrittmacher bei der Arbeit

Blick in den Teil des HCN4 Kanals, der in die Membran eingebettet ist. In der Proteinstruktur (in grau) sind die Transmembrandomänen als transparente Helices (rot) dargestellt. In der zentralen Pore kann man Kaliumionen (blau) und Wasser (rot/weise Moleküle) erkennen. (Quelle: Daniel Bauer/Uni Darmstadt)

 

Jeder kennt es: Zu viel Aufregung oder ein starker Kaffee, und schon schlägt das Herz schneller. Diese Alltagserfahrung ist schon seit vielen Jahren von Biologen und Medizinern sehr gut auf der molekularen Ebene verstanden. Im Zentrum stehen besondere Typen von Ionenkanälen, die sogenannten HCN-Kanäle, deren Aktivität durch eine Vielzahl an zellulären Signalen gesteuert werden kann. Je nach Aktivität des Kanals ist dann die Distanz zwischen aufeinanderfolgenden Aktionspotentialen kürzer oder länger. Damit wird die Frequenz des Herzschlages höher oder niedriger. So haben die HCN-Kanäle eine zentrale Bedeutung für die Physiologie des Menschen. Sobald die Kanäle fehlerhaft funktionieren, kommt es zu Herzrhythmusstörungen, und im Extremfall muss ein elektronischer Herzschrittmacher die Aufgabe der Kanäle übernehmen.

 

Unter Beteiligung der Arbeitsgruppen von Professor Gerhard Thiel und Professor Kay Hamacher aus dem Fachbereich Biologie der TU Darmstadt präsentieren die Laboratorien von Professorin Anna Moroni (Universität Mailand) und Dr. Bina Santoro (Columbia University, New York) in der neuen Ausgabe von „Molecular Cell“ die Proteinstruktur und Funktion derjenigen Isoform der HCN-Kanäle, die im Sinusknoten des Herzens aktiv sind. Die hochaufgelösten Strukturen wurden mit Hilfe der Cryo-Elektronenmikroskopie gewonnen, zeigen viele bisher unbekannte Details in der Architektur des Kanalproteins in atomarer Auflösung und lassen Rückschlüsse auf funktionelle Eigenschaften zu. Noch bemerkenswerter ist jedoch die Erkenntnis, dass sich einige der Kanalstrukturen im offenen, das heißt im ionenleitenden Zustand, befinden.

 

Mit Hilfe von sogenannten molekulardynamischen Simulationen auf dem Lichtenbergrechner, dem Hochleistungsrechner an der TU Darmstadt, hat Daniel Bauer, Doktorand der AG Hamacher, die Funktion der HCN-Kanäle untersucht. Mit dieser Methode kann man sozusagen dem Protein bei der Arbeit zuschauen.

Die Einblicke in die Funktionsweise des Kanalproteins, die aus den Simulationen gewonnen wurden, sind bemerkenswert. Sie zeigen, dass die HCN-Kanäle, anders als die verwandten Kaliumionen-Kanäle (K+-Kanäle), keine starre Pore für den Ionendurchtritt haben, sondern je nachdem ob Natrium- (Na+) oder Kaliumionen durch den Kanal transportiert werden, sich dynamisch an die Größe des transportierten Ions anpassen. Damit hat man erstmalig einen Erklärungsansatz für den Mechanismus, der es HCN-Kanälen erlaubt, nicht nur K+ sondern – wichtig für ihre Funktion – auch Na+ zu transportieren.

 

Die Kombination aus strukturell-experimentellen Einblicken und computerbasierten Simulationen ist eine ideale Herangehensweise, um die Funktionsweise der Proteine noch besser zu verstehen und um spezifische Medikamente zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen zu entwickeln. Nachteile und Nebenwirkungen von bereits verfügbaren Medikamenten könnten durch besseres Verständnis der Kanäle in einer neuen Generation von Medikamenten vielleicht verhindert werden.

 

Originalveröffentlichung:

Saponaro et al., Gating movements and ion permeation in HCN4 pacemaker channels, Molecular Cell (2021),

https://doi.org/10.1016/j.molcel.2021.05.033

 

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