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Redaktion: Heinz Schmitz


Staatstrojaner und Netzwerksicherheit

Staatstrojaner

Ermächtigt durch die Novelle „Anpassung des Verfassungsschutzrechts“ dürfen die Geheimdienste ungehindert auf die Internetkommunikation zugreifen. (Quelle: Gerd Altmann/Pixabay)

 

Der Bundestag hat die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes beschlossen, die mit dem Ziel der Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus erhebliche Eingriffe in die Sicherheit der Telekommunikationsnetze vorsieht. Erneut hat die Regierungskoalition Warnungen von Sachverständigen vor einer unverhältnismäßigen und damit potenziell grundgesetzwidrigen Initiative in den Wind geschlagen und den Gesetzentwurf zur "Anpassung des Verfassungsschutzrechts" durch den Bundestag geschleust. Mit dem Beschluss dürfen künftig das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Bundesnachrichtendienst (BND), der Militärische Abschirmdienst (MAD) und die Verfassungsschutzämter der Länder mithilfe von Staatstrojaner WhatsApp, Signal oder Threema sowie Internet-Telefonate und Video-Calls überwachen.

 

Dazu erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg: „Schwerste Kriminalität, Extremismus und Terror müssen überall konsequent bekämpft und verfolgt werden – auch in der digitalen Welt. Erweiterte Überwachungsbefugnisse dürfen aber nicht dazu führen, dass die Sicherheit und Integrität der Kommunikation gefährdet und das Vertrauen von Verbraucherinnen und Verbrauchern zerstört werden. Die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes schießt mit völlig unverhältnismäßigen Maßnahmen weit über das Ziel einer effizienten Kriminalitätsbekämpfung hinaus.

 

Die vielfach geäußerten Bedenken aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft zum ursprünglichen Gesetzentwurf wurden ignoriert und die aktuelle Fassung durch kurzfristige Änderungen sogar noch verschärft. So steht zum Beispiel die neu vorgesehene Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften über die Strukturen von Netzen, Diensten und Anlagen an staatliche Stellen im diametralen Widerspruch zu den schützenswerten Sicherheitsanforderungen kritischer Infrastrukturen. Gelangen diese Informationen in die falschen Hände, drohen massive Konsequenzen. Letztlich gehen die durch die Hintertür eingeführten Mitwirkungspflichten für Anbieter von Telekommunikationsdiensten weit über ein vertretbares Maß hinaus.

 

Das Gesetzgebungsverfahren betrifft Grundprinzipien unseres Rechtsstaats und bedarf einer sachgerechten und vertieften Diskussion. Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Dialog, um Verschlüsselung und vertrauenswürdige digitale Kommunikation mit den Interessen der Strafverfolgung abzugleichen. Dafür wären seit der letzten Bundestagswahl fast vier Jahre Zeit gewesen. Diese Zeit ließ man ungenutzt verstreichen und nun soll ein so wichtiges Thema im Hau-Ruck-Verfahren auf den letzten Metern der Legislaturperiode durchgepeitscht werden. Darüber hinaus bleiben etliche Fragen unbeantwortet, etwa wer zu welchem Zeitpunkt unter welchen Voraussetzungen über die technische Möglichkeit und Zumutbarkeit der geforderten Hilfestellungen der Telekommunikationsanbieter entscheidet. Aus guten Gründen besitzen allein die Unternehmen die Hoheit über ihre Netze und Systeme. Deren Integrität darf zu keinem Zeitpunkt in Frage stehen.“

 

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