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Redaktion: Heinz Schmitz


Grundlagen für ultraschnelle magnetische Speicher

Präzession eines magnetischen Moments

Darstellung der Präzession eines magnetischen Moments ohne (links) und mit Nutation. (Quelle: Prof. Dr. Olav Hellwig)

 

Für moderne Speicher- und Datenverarbeitungs-Technologien auf ferromagnetischer Basis ist es essentiell, die Dynamik magnetischer Phänomene auf Zeitskalen von einem Tausendstel einer Milliardstel Sekunde (Terahertz-Bereich) zu verstehen. Das betrifft zum Beispiel Anwendungen in MRAMs (Magnetic Random Access Memories) oder die klassischen und nach wie vor relevanten Festplatten in Datenzentren. Diese arbeiten bisher bei der Datenübertragung im Gigahertz-Bereich (ein Gigahertz entspricht einer Schwingung mit einer Periode von einer Milliardstel Sekunde). Die nun vorliegenden Ergebnisse aus der Grundlagenforschung eines internationalen Forschungsteams unter Beteiligung der Professur Magnetische Funktionsmaterialen (Leitung: Prof. Dr. Olav Hellwig) der Technischen Universität Chemnitz eröffnen mögliche Anwendungen zu noch schnelleren und leistungseffizienteren Datentransfers im Terahertz- Bereich. Ein Terahertz entspricht einer Schwingung von einem Tausendstel einer Milliardstel Sekunde.

 

Erstmals ultra-schnelle Nutation in ferromagnetischen Dünnschichtsystemen beobachtet

Kern der Beobachtung des Teams waren sogenannte Dünnschichtsysteme. Alle moderne Speicher- und Datenverarbeitungs-Technologien basieren auf Dünnschichtsystemen. Damit werden in der Regel Schichten von einer Atomlage bis in den Mikrometer-Bereich bezeichnet. Forscherinnen und Forscher verwenden hier Schichten, die typischerweise im Dickenbereich von 1 bis 50 nm liegen. Was in diesen ferromagnetischen Schichten auf solch kurzer Zeitskala passiert, war bisher aufgrund mangelnder Experimentiertechniken und entsprechender Daten auf solch kurzer Zeitskala nicht klar.

 

Dem Forschungsteam ist es nun erstmals gelungen, eine ultra-schnelle Nutation in ferromagnetischen Dünnschichtsystemen zu beobachten. Als Nutation bezeichnet man, vereinfacht gesagt, die drehende Bewegung der Figurenachse eines kräftefreien Kreisel.

 

Zu dem Team gehörten Physikerinnen und Physiker der TU Chemnitz, des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), der Universität Duisburg- Essen, des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt, der Technischen Universität Berlin, der École Polytechnique (Frankreich), der Federico II Universität von Neapel, der „Parthenope“ Universität von Neapel, der Ca’ Foscari Universität von Venedig und der Universität von Stockholm. Die Federführung lag bei den Wissenschaftlern und Experten für Ultrakurzzeit- Experimente Kumar Neeraj und Stefano Bonetti aus Italien. Für die Untersuchungen wurde die TELBE-Anlage am HZDR genutzt, die Prof. Hellwig und sein Team aus Chemnitz und Dresden unterstützten. Die TELBE- Anlage ist Teil des Elektronenbeschleunigers ELBE und erlaubt auf einzigartige Weise die Erzeugung von phasen-stabilen Hochfeld-Terahertz Pulsen mit extrem flexiblen Parametern wie Wiederholungsrate, Pulsform und Polarisation. Die für die Experimente nötigen Proben wurden an der Professur Magnetische Funktionsmaterialien der TU Chemnitz hergestellt. Zum Einsatz kam dabei die sogenannte „Magnetron-Sputter- Depositionstechnik“.

 

Chemnitzer und Dresdner Expertise bei u.a. magneto-dynamischen Eigenschaften

„Meine Gruppe hat die Proben für diese Messungen hergestellt und sie entsprechend für diese Messungen zusammen mit unseren Kollaborationspartnern optimiert“, erklärt Prof. Olav Hellwig. Das betreffe die Optimierung der Schichtabfolge, Schichtdicke und lateralen Mikrostruktur sowie die magneto-dynamischen Eigenschaften, wie zum Beispiel die magnetische Dämpfung. „Dieser Vorgang gehört zur speziellen Expertise meiner Arbeitsgruppe für Magnetische Funktionsmaterialien in Chemnitz und Dresden“, sagt Hellwig.

 

Als Methode kam das gängige „Pump-Probe Experiment“ zum Zuge. Dafür bestrahlten die Forscherinnen und Forscher die Dünnschichtproben mit ultrakurz gepulster Strahlung im Terahertz-Wellenlängenbereich. Diese wurden wiederum mit einem ultrakurzen, variabel zeitverzögerten 800 nm Femto-Sekunden Laser Puls detektiert. So prüfte das Team, wie die magnetischen Momente in der Probe auf den Terahertz Puls reagieren. „Mit diesen superkurzen Terahertz-Pulsen kann man magnetische Systeme gezielt  auf ultrakurzer Zeitskala beeinflussen und dann hoffentlich bald auch kontrollieren. Dabei haben wir in dieser Publikation neben der schon bekannten Präzessionsbewegung zusätzlich zum ersten Mal eine Nutationsbewegung der ferromagnetischen Momente beobachtet, die auf einer noch schnelleren

 

Originalveröffentlichung:

Neeraj, K., Awari, N., Kovalev, S., Olav Hellwig et al. “Inertial spin dynamics in ferromagnets.” Nat. Phys. 17, 245–250 (2021).

https://doi.org/10.1038/s41567-020-01040-y

 

Siehe auch:

https://www.tu-chemnitz.de/

 

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