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Redaktion: Heinz Schmitz
Medizinische Versorgung per Drohne
Auf vorausberechneten Routen sollen unbemannte Drohnen Medikamente zwischen Kliniken und Krankenhäusern transportieren. (Quelle: Quantum-Systems GmbH)
In Kliniken muss eine größere Auswahl an Medikamenten ständig verfügbar sein. Außerdem ist es essentiell, dass spezielle Notfallmedikamente in kürzester Zeit für Notfalleinsätze genutzt werden können. Auch in regionalen Kliniken ist daher der Betrieb aufwendiger Notfallapotheken nötig. Das Verbundforschungsprojekt MEDinTime soll eine zuverlässige und sichere Versorgung regionaler Kliniken mit Medikamenten mittels automatisiert betriebener UAS (unbemannte Luftfahrzeugsysteme, Drohnen) inklusive der Bereitstellung von Verfügbarkeitsdaten in Echtzeit realisieren. Projektpartner bei MEDinTime sind das Luft- und Raumfahrtunternehmen Quantum-Systems GmbH, das Klinikum Ingolstadt, die Technische Hochschule Ingolstadt, der Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm und das Bayerische Rotes Kreuz. Innerhalb dieses Projekts erforscht Prof. Jörg Böttcher, Professur für Regelungstechnik und Elektrische Messtechnik an der Universität der Bundeswehr München, im Auftrag von Quantum-Systems ein Verfahren zur „Entwicklung einer dynamischen Flugplanung“.
Apotheke aus der Luft
Großkliniken mit eigener Apotheke sollen künftig kleinere Krankenhäuser ohne Apotheke mit Medikamenten versorgen können. Der Transport soll mittels automatisiert betriebener Drohnen erfolgen. Ein echtzeitfähiger Betrieb kann einerseits den Bestand an lokal in den Kliniken ständig zu bevorratenden Medikamenten senken. Außerdem verringert es die Kosten für Kliniken und das Gesundheitssystem enorm, ohne dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit dringend benötigten Medikamenten beeinträchtigt wird. Im Gegenteil: Apotheken aus zentralen Großkliniken können die Versorgungs- und Behandlungsqualität in kleineren, regionalen Kliniken verbessern. Da die Lieferung mittels Drohne, also im Luftraum stattfindet, wäre es im Falle von Eillieferungen möglich, Medikamente so schnell wie möglich – ohne Abhängigkeit von Einschränkungen im Straßenverkehr – an Krankenhäuser zu liefern.
Als Drohnenbasis im Projekt dienen sog. „Transitionsfluggeräte“ des Projektpartners Quantum-Systems. Diese können auch weitere Strecken (bis zu 100km) schnell und geräuscharm zurücklegen. Die Drohnen werden im Projekt mit einer abnehmbaren, intelligenten Transportbox ausgestattet. Die Transportbox ist klimatisiert und muss den gesetzlichen Vorgaben zum Transport von Medikamenten genügen, was beispielsweise auch spezifische hygienische Anforderungen bedingt. Das Pilotsystem des Projekts soll vom Klinikum Ingolstadt aus umliegende regionale Kliniken in einem Probebetrieb versorgen.
Automatisierte Flugrouten
An der Professur für Regelungstechnik und Elektrische Messtechnik der Fakultät Elektrotechnik und Technische Informatik der Universität der Bundeswehr München erarbeiten Prof. Jörg Böttcher und sein Team für dieses Gesamtprojekt ein Verfahren zur dynamischen Routenwahl für jeden Flug. Alle Flüge sollen vom Start bis zur Landung vollautomatisch initiiert und durchgeführt werden. Berücksichtigt werden müssen sowohl Faktoren wie beispielsweise die lokale Wettersituation, die Vermeidung des Überflugs größerer Menschenansammlungen oder temporäre Hindernisse wie Baukräne. Auch unterschiedliche Tag- und Nachtrouten und eine statistische Verteilung der Überflüge müssen bedacht werden. Alle Faktoren spielen sowohl statisch bei der automatisierten Flugplanung als auch dynamisch während des Fluges eine Rolle.
Die Lösung, die Prof. Böttcher und sein Team entwickeln muss also selbständig eine Flugroute zeitsynchron ermitteln und Szenariendaten aus unterschiedlichen Quellen verarbeiten. Darunter fallen topologische Daten aus GIS-Systemen (sog. „Geoinformationssysteme“, als Systeme zur Erfassung, Bearbeitung, Organisation, Analyse und Präsentation räumlicher Daten), Wetterdaten aus Datenservern, Hindernis- und Gebietsbeschränkungsinformationen aus Flugsicherungsservern, Akku- und Leistungsdaten aus dem Drohnenrechner, lokale Wetterdaten aus eigenen Drohnenservern und vieles mehr. Das daraus entstandene Fusionsmodell muss schließlich die einzelnen Daten kontinuierlich und variabel mit einer Gewichtung belegen, um ihren Einfluss auf die Flugroute situativ anzupassen.
Die Professur für Regelungstechnik und Elektrische Messtechnik arbeitet an der Schnittstelle zwischen technologischer Basiskompetenz und industrieller Umsetzung. Sie deckt ein weites Spektrum an mess- und regelungstechnischen Methoden und Simulationsverfahren ab. Im Fokus stehen dabei sowohl intelligente Geräte und Maschinen als auch automatisierte technische Prozesse. Die Professur verfügt über langjährige Erfahrung in der Durchführung von praxisnahen Studien- und Forschungsarbeiten für Unternehmen.
Siehe auch:
https://www.unibw.de/regelungs-und-messtechnik