Nachrichten, Gerüchte, Meldungen und Berichte aus der IT-Szene

Redaktion: Heinz Schmitz


Mit Zettel und Stift in die digitale Zukunft

App Entwicklung auf Papier

Mit Papier und Schere entwickeln die Schüler im Unterricht erste Prototypen einer App. (Quelle: AVS)

 

Was braucht es, um Schüler fit zu machen für die digitale Welt? Schere, Pappe, Kleber und einen Stift! Mit diesen Hilfsmitteln entwickeln 16 Schüler der 11. Klasse der Auguste-Viktoria-Schule (AVS) in Flensburg derzeit Prototypen einer App. „Wir wollen zeigen, dass es bei der App-Entwicklung neben der Programmierung auch um andere Aspekte geht“, sagt Prof. Dr. Sven Bertel, Leiter des Projektes „Kompetenzen für eine digitale Welt: partizipative Entwicklung von Apps“ an der Hochschule Flensburg. Ein in Schleswig-Holstein einzigartiges Projekt, das künftig Einfluss auf die Fortbildung von Informatik-Lehrer nehmen könnte.

 

Prozessorientiertes, agiles Arbeiten, Teamwork und die Fähigkeit, sich in die Nutzer zu versetzen – das sind Kompetenzen, die Bertels Projekt vermittelt und die bestens zu den neuen Fachanforderungen für den Informatikunterricht passen, die das Bildungsministerium in Kiel plant. Für die Lehrenden in diesem Bereich bedeuten diese, den Unterricht neu auszurichten und die Themen und Inhalte anzupassen. „Wir stoßen hier in eine Lücke, indem wir die neuen Fachanforderungen mit Leben füllen“, so Bertel. Denn am Ende des Vorhabens stünden Lehrkonzepte, die für die Fortbildung von Lehrer im Fach Informatik nutzbar gemacht werden können. Bertel: „Wir zeigen, wie es geht!“

 

Zum Beispiel, indem Lehrkräften vermittelt wird, wie sie in ihren Klassen praktische Einheiten wie das „Papier-Prototyping“ einsetzen. An der AVS haben die beteiligten Informatikschüler Chemieschüler interviewt, um herauszufinden, wie eine funktionale Chemie-App aussehen müsste, und haben dann Papierprototypen gebaut. Mittels aufgeklebter Zettel werden Funktionen quasi aus Pappkarton animiert. Immer wieder gibt es dabei Feedback-Runden und Nutzertests mit den entstandenen Prototypen. Mithilfe des Papier-Prototypings werden nach Angaben von Lena Marie Beck, die im Projekt die pädagogischen Aspekte bearbeitet, die Hürden zum Zugang in die digitale Welt gesenkt. Die Schüler werden da abgeholt, wo sie stehen. „Es geht um die Anforderungen der Nutzer, um das Design und die Nutzerfreundlichkeit.“

 

„Der Facettenreichtum des Fachs werde deutlich“, sagt Informatiker Bertel. „Programmierkenntnisse sind natürlich essentiell, aber sie sind eben nicht alles, was zur Entwicklung von Software dazugehört.“ Dies deutlich zu machen, könne auch helfen, den Schüler einen realistischen Blick auf das Fach Informatik und seine Vielfalt zu geben. Dass es funktioniert, unterstreicht Bernd Clausen, Informatik-Lehrer an der „Digitalen Modelschule“ AVS. „Durch das Projekt werden die einzelnen Schritte der App-Entwicklung deutlich. Die Schüler bekommen schnell ein Gefühl für die Abläufe und die Probleme, die sie lösen können, ohne direkt komplizierte Um-Programmierungen vornehmen zu müssen. Sie tauschen einfach den entsprechenden Zettel aus.“ Was im Wahlpflichtfach „Informatik“ an der AVS in Flensburg funktioniert, das klappt auch an anderen Schulen im Land, ist Bertel überzeugt. In die digitale Zukunft – auch mit Schere, Pappe, Kleber und einen einem Stift.

 

KnowHow Computer von 1983

Der KnowHow Computer. Mit 5 Befehlen wurden auf Papier kleine Programme erstellt. (Quelle: Wolfgang Back/ComputerClub)

 

Schon 1983 wurde im WDR Computer Club der sogenannte KnowHow Computer vorgestellt. Auf Papier gab es acht Kästchen, die als Register dienten und 21 diensten als Programmspeicher. Als Datenbits kamen Strichhölzer zum Einsatz. Der von Wolfgang Back und Ulrich Rohde entwickelte Papiercomputer kannte 5 Befehle, mit denen kleine Programme simuliert wurden. Eine abgeleitete Version wurde in Namibia im Schulunterricht verwendet.

 

Siehe auch:

https://hs-flensburg.de

https://de.wikipedia.org/wiki/Know-how-Computer

http://www.wolfgang-back.com/knowhow_home.php

 

Zurück