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Redaktion: Heinz Schmitz


T-Rex im 3D-Labor

Berlin wartet auf „Tristan“. Aber dieser „Tristan“ rührt nicht zu Tränen, sondern verursacht Gänsehaut – obwohl er schon seit 66 Millionen Jahren tot ist. Er ist rund dreieinhalb Meter hoch, zwölf Meter lang und mit Zähnen wie Säbel ausgestattet: „Tristan“ ist eines der weltweit am besten erhaltenen Skelette eines Tyrannosaurus Rex, des furchterregendsten unter den Dinosauriern, und das erste und einzige, das in Europa gezeigt wird. Beim Zusammenbau der 157 Knochen, die im Juli in Berlin ankamen, stellte sich heraus: Schwierigkeiten macht vor allem der riesige Schädel mit den zahnbewehrten Kiefern. Er ist zu schwer. Um das wertvolle Skelett nicht zu beschädigen, suchte das Naturkundemuseum Hilfe beim 3D-Labor am Institut für Mathematik der TU Berlin, mit dem es schon in anderen Projekten zusammengearbeitet hatte. Dort werden nun seit Wochen die vom Museum für Naturkunde übermittelten 3D-Scans aufbereitet und dreidimensional gedruckt, um bis Mitte Dezember eine originalgetreue Kopie des T-Rex- Kopfes herzustellen, die unproblematisch auf das Skelett aufgesetzt werden kann, während der Originalschädel in einer Vitrine zu sehen ist.

 

Im 3D-Labor hört man ein Brummen und Röhren. „Unser 3D-Druck gleicht dem Original aufs Haar“, sagt Prof. Dr. Hartmut Schwandt, Mathematiker und Leiter des 3D-Labors. „Das Drucken ist durchaus geräuschvoll.“ Im Naturkundemuseum und in der Charité werden die 50 Einzelknochen des Schädels mit Fotogrammetrie und CT-Scans komplett digitalisiert. Aus diesen Daten stellt das 3D-Labor die Knochenreproduktionen Stück für Stück her, denn der Schädel ist zu groß, als dass er in einem Stück produziert werden könnte. Der Schädel wird später so montiert, dass die Knochen für die weitere Untersuchung einzeln entnehmbar bleiben. Denn „Tristan“, der 2012 in Hell Creek, Montana/USA, entdeckt, später von einem Privatmann gekauft und für drei Jahre der Wissenschaft zur Verfügung gestellt wurde, soll intensiv von einem Forscherteam aus Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft untersucht werden. Gewicht, Beweglichkeit, Geschwindigkeit, Beißkraft, mögliche Krankheiten, Todesursache – mit anatomischen Untersuchungen, CT-Aufnahmen, 3D-Scanning und Computermodellierung wollen die Wissenschaftler das Bild des Raubsauriers weiter schärfen. Dazu werden auch die ausgedruckten Knochen-Repliken benötigt.

 

„Allerdings drucken wir nicht, wir ,lasersintern‘, stellt Joachim Weinhold – wissenschaftlicher Mitarbeiter am 3D-Labor – richtig: „Ein schichtweise aufgetragenes Pulver wird mit einem Laser punktgenau miteinander verschmolzen. Der ganze Prozess findet bei Temperaturen von etwa 170° Celsius statt und dauert bis zu 30 Stunden. Anschließend müssen die Teile über mehrere Stunden hinweg auskühlen, damit sie sich nicht verformen. Das heißt, unter dem gegebenen Zeitdruck sind wir gut beraten, wenn wir so viele Teile wie möglich pro Prozess im Bauraum des Druckers unterbringen.“ Eine große Herausforderung sei es, die Einzelteile im Bauraum zu platzieren. Mit professioneller Software werden die Scandaten der Knochen so im Bauraum angeordnet, dass möglichst viele hineinpassen. Dafür werden die virtuellen Knochen – falls nötig – zuvor in entsprechende Stücke aufgeteilt. „Es ist wie die fortgeschrittene Variante eines Tetris- Spiels“, sagt Joachim Weinhold. Doch es handelt sich keineswegs um ein Spiel. Hier werden hochqualitative Bauteile hergestellt, die Öffentlichkeit und Fachwelt faszinieren sollen. Darin hat das 3D-Labor der TU Berlin inzwischen viel Erfahrung. „Wir arbeiten mit mehreren Museen und Instituten zusammen sowie in einem durch das BMBF geförderten Kooperationsprojekt mit dem Deutschen Herzzentrum Berlin.“ Vorerst aber wird Tag und Nacht mit Hochdruck an „Tristans“ Schädel gearbeitet, damit Mitte Dezember die Welt der Kreidezeit in dieser spektakulären Ausstellung wiedererstehen kann.

 

Siehe auch:

www.math.tu-berlin.de/3dlabor/3d-labor

www.naturkundemuseum-berlin.de

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