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Redaktion: Heinz Schmitz


Spielerische Übung für chemischen Rechner

Als Zeitvertreib in langweiligen Schulstunden ist es beliebt, das Spiel Tic-Tac-Toe. Ziel des Spiels ist es, drei Punkte oder drei Kreuze in eine Reihe zu bekommen. Wobei bei nur neun Spielfeldern recht kurze Partien gespielt werden. Im Vorteil ist stets Spieler A, der das Spiel eröffnet. Nur er hat die Chance, die Partie für sich zu entscheiden. Spieler B kann lediglich ein Remis erreichen. Den Chemikern Prof. Dr. Alexander Schiller und Martin Elstner von der Universität Jena ist es jetzt gelungen, mit ihrem „Zuckercomputer“ Tic- Tac-Toe zu spielen. Ihren „Zuckercomputer“ haben der Heisenberg-Stipendiat Schiller und seine Kollegen 2014 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. In ihrer Versuchsanordnung verwenden sie einen Algorithmus, der ihnen anzeigt, welche Chemikalie als nächstes in ein Reaktionsgefäß pipettiert werden soll. Auf diese Weise werden die Signale nicht in einen Stromfluss, sondern in einen Materiefluss übersetzt und verarbeitet. Im Gegensatz zu seinem elektronischen „Kollegen“ kann ein chemischer Computer viele unterschiedliche Signale verarbeiten, weil es unzählige chemische Verbindungen gibt. „Zuckercomputer“ wurde die Apparatur genannt, weil Schillers Team an der Universität Jena mit Zuckerlösung experimentiert, die in verschiedene Sensor-Chemikalien appliziert wird. Die dabei ausgelösten Reaktionen werden als Signale interpretiert und mit Hilfe eines Algorithmus‘ weitergegeben.

 

„Das Spiel Tic-Tac-Toe war das erste grafische Computerspiel, das 1952 an der Universität Cambridge auf einem Rechner lief“, sagt Alexander Schiller. Im Gegensatz zu dem damals in Cambridge eingesetzten Rechner EDSAC sei der in Jena entwickelte „Zuckercomputer“ limitiert, da er nicht über einen mehrfach beschreibbaren Speicher verfügt. „Die Eleganz unseres Rechners liegt dafür im spektralen Multiplexing, das es in der elektronischen Informationsverarbeitung gar nicht gibt“, sagt Martin Elstner. Anders gesagt: Während herkömmliche Computer auf dem simplen Modell beruhen, dass entweder ein Strom fließt oder nicht, können die Bits des „Zuckercomputers“ verschiedene Farben annehmen. Diese zusätzliche Informationsdimension können die Chemiker von der Universität Jena nun lesen, nutzen und auch manipulieren.

 

Die Arbeit mit dem „Zuckercomputer“ ist bislang reine Grundlagenforschung.

Eine mögliche Anwendung könnte ein verbessertes Diagnoseverfahren sein, mit dem sich z. B. Blutproben rasch und effizient auf bestimmte Marker untersuchen ließen. Doch noch ist das Zukunftsmusik.

 

Originalpublikation:

Journal of Chemical Information and Modeling, M. Elstner, A. Schiller, J. Chem, Inf. Model. 2015, DOI: 10.1021/acs.jcim.1025b00324

 

Siehe auch:

http://www.uni-jena.de/

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