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Redaktion: Heinz Schmitz


Realistischere Simulationen für die perfekte Illusion

Der Angriff ist ein Höhepunkt im Blockbuster "Avatar": Raketen treffen den Heimatbaum der Nav‘i, der Bewohner von Pandora. Explosionen, Flammen und dicker Rauch sind zu sehen. Damit diese Bilder die Zuschauer auch wirklich in den Bann ziehen, müssen sie realistisch wirken. Aber gerade Simulationen physikalischer Vorgänge sind schwierig umzusetzen. Zu diesen zählt die Darstellung von Flüssigkeiten und Gasen, die unter dem Begriff Fluide zusammengefasst werden. Besonders die komplexen, verwirbelten Bewegungen bereiten den Programmierern Schwierigkeiten, erklärt Prof. Nils Thürey von der Fakultät für Informatik der TU München. "Für drei Sekunden einer solchen Szene werden hunderte Simulationen durchgeführt, von denen jede einzelne oft mehr als zehn Stunden Rechenzeit braucht."

 

Zeit, die großen Filmproduktionen zur Verfügung steht. Doch bei anderen Anwendungen ist das nicht der Fall. In Computerspielen etwa müssen Simulationen an die Aktionen der Spieler angepasst werden. Dabei werden die Grenzen für eine realitätsnahe, schnelle und flexible Simulation von Fluiden schnell erreicht. Auch in der Medizin und den Ingenieurwissenschaften ist die Schnelligkeit zum Beispiel bei Simulationen von Blut oder Luftwirbeln von großer Bedeutung.

 

Um den Rechenprozess zu beschleunigen, gehen die Wissenschaftler sozusagen zurück zum Ursprung: Sie analysieren das Verhalten von echten Flüssigkeiten und Gasen. Um aus diesen Beobachtungen Daten zu erhalten, die für die Berechnungen von Simulationen brauchbar sind, waren bisher aufwendige Techniken nötig. Thürey hat in Zusammenarbeit mit internationalen Wissenschaftlern gezeigt, dass es möglich ist, die Daten aus einfachen Videoaufnahmen zu errechnen. Ihre Methode stellten die Forscher im Journal "ACM Transactions on Graphics" (TOG) vor.

 

Bei Phänomenen wie Rauchwolken sind die komplizierten Verwirbelungen auf Videobildern kaum oder gar nicht zu erkennen. Um diese Lücken zu füllen, setzten die Wissenschaftler wiederum Simulationen ein. Anhand von Erfahrungswerten und physikalischen Gesetzmäßigkeiten führt das Programm eine Art Autovervollständigung durch. "Diese Fähigkeit besitzt auch unser Gehirn", erklärt Thürey. "So ergeben einzelne Punkte auf dem Papier plötzlich ein Bild, auch wenn diese in der Realität nicht verbunden sind." Nach diesem Prinzip berechnet die Simulation, wie die Bewegungen wahrscheinlich abgelaufen sind, auch wenn die Daten dies nicht eindeutig zeigen.

 

Die Methode soll nun für verschiedene Anwendungen optimiert werden. So könnten Simulationen des Blutflusses in Verbindung mit der Computertomografie dabei helfen, die Gefährlichkeit eines Aneurysmas zu beurteilen. Auch für die Konstruktion von Tragflächen und anderen aerodynamischen Körpern sind Simulationen von Fluiden nötig. Und natürlich könnten die neuen Programme auch Computerspiele verbessern – und für spektakuläre Explosionen auf dem Bildschirm sorgen.

 

Originalpublikation:

James Gregson, Ivo Ihrke, Nils Thuerey, Wolfgang Heidreich:

From Capture to Simulation – Connecting Forward and Inverse Problems in Fluids, ACM Transactions on Graphics (TOG) DOI: 10.1145/2601097.2601147

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