Nachrichten, Gerüchte, Meldungen und Berichte aus der IT-Szene

Redaktion: Heinz Schmitz


Produktionsplanung in kleineren Unternehmen

Stetig wechselnde Auftragslagen und neue Produktvariationen, dazu Termin- und Kostendruck – das fordert besonders kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) extrem. Sind sie als Zulieferer und Lohnfertiger auch noch eingebunden in komplexe Produktionsnetzwerke, bedarf es einer modernen Produktionsplanung und -steuerung (PPS). Ein Werkzeug soll ihnen künftig helfen, hier die jeweils passenden Methoden zu finden. Entwickelt wird das Tool am BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen. Projektpartner sind die Hamburger Unternehmen Quast Praezisionstechnik und deren Zulieferer FMM Finkenwerder Metall- und Maschinenbau. „Entscheidungstool zur adaptiven Gestaltung von PPS-Methoden für Lohnfertiger in dynamischen Auftragsnetzen der Luftfahrtbranche“ oder kurz „JobNet 4.0“ heißt das zweijährige Forschungsprojekt. Das im Projekt JobNet 4.0 entwickelte Werkzeug wird zwar mit dem Fokus auf die Luftfahrtbranche gestaltet, soll jedoch auch für andere Industriezweige modifiziert werden können.

 

In der Luftfahrtbranche werden stetig Produktionsaufträge vergeben: von den Flugzeugherstellern an deren Zulieferer sowie von den Zulieferern an Lohnfertiger. Beides sind zumeist KMU, die sich um die Produktionsaufträge bewerben. Ihr Auftragseingang schwankt für gewöhnlich sehr stark. Das betrifft sowohl das Volumen als auch die zu fertigenden Produktvariationen. In diesen Auftragsnetzen herrscht eine große Dynamik, und die Schwankungen erschweren es den Zulieferern und Lohnfertigern extrem, ihre Produktion so zu planen und zu steuern, dass die Leistungsfähigkeit (Durchlaufzeit, Liefertreue, Auslastung) konstant hoch und die Produktionskosten dabei möglichst niedrig bleiben.

 

„Das ist eine gigantische Aufgabe für den Mittelstand, und sie wird immer komplizierter“, sagt Dorit Kleinerüschkamp, Mitglied der Quast-Geschäftsführung. Das Unternehmen mit derzeit rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist spezialisiert auf die Fertigung hochpräziser, zumeist komplexer Bauteile sowie Baugruppen hauptsächlich für die Luftfahrtindustrie und beliefert unter anderem Airbus. Dabei bedient es sich selbst auch der Leistungen von Zulieferern und Lohnfertigern. „Wir spüren deutlich, wie sich die Organisationsverantwortung zulasten der Zulieferer verlagert“, sagt Kleinerüschkamp. „Das zeigt sich zum Beispiel an unserer Personalentwicklung. In den vergangenen vier Jahren mussten wir der Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Verwaltung, Organisation und Planung gegenüber dem in der Produktion erheblich erhöhen.“

 

„Die mittelständische Wirtschaft zählt in vielen Bereichen als Vorreiter des technologischen Fortschritts und ist eine bewährte, solide Stütze des deutschen Wirtschaftssystems. Aber gerade kleine Unternehmen können sich in der Regel keine eigenen Forschungsabteilungen leisten und sind deswegen gegenüber den Großen oft im Nachteil“, sagt BIBA-Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Michael Freitag.

 

In seiner Zusammenarbeit mit KMU sowie durch seine intensive Transferarbeit erhalte das BIBA auch immer wieder viele wertvolle Impulse für seine Forschungen – wie unter anderem nun durch die Projektpartner für das Projekt JobNet 4.0, sagt Freitag. „Hier können wir jetzt mithilfe der BMBF-Initiative gemeinsam mit zwei engagierten Unternehmen arbeiten und halten das für eine beispielhafte Win-Win-Kooperation.“

 

Mit dem JobNet-4.0-Tool können Produktionsplaner besonders der Zulieferer und Lohnfertiger künftig flexibel geeignete PPS-Methoden in Abhängigkeit der jeweils vorliegenden dynamischen Auftragssituation auswählen. In einer Simulationsstudie und anhand eines Anforderungskatalogs bewerten die Projektpartner auf der Basis vorliegender Auftragsszenarien verschiedene PPS-Methoden. Als Bewertungskriterien dienen hierbei die logistischen Kennzahlen wie Durchlaufzeit, Termintreue und Auslastung. „Die Erkenntnisse der Simulationsstudie fließen dann in die Entwicklung des softwareunterstützten Entscheidungstools ein. Es wird die situationsgerechte Auswahl von PPS-Methoden ermöglichen“, erklärt Dipl.-Wi.-Ing. Marius Veigt, JobNet-Projektleiter am BIBA.

 

Das kompatibel zu bestehenden Softwaresystemen gestaltete Werkzeug – so das Ziel der Forschungen – kann schnell in die Abläufe der Produktionsplanung und -steuerung integriert werden und gewährleistet eine effiziente Anpassung und die Übertragbarkeit auf andere Branchen. Dazu BIBA-Wissenschaftler Veigt: „Auch Zulieferer und Lohnfertiger zum Beispiel im Maschinen- und Anlagenbau sowie im Automobilbau werden davon profitieren können.“

Das mittelständische Unternehmen Quast Praezisionstechnik produziert unter anderem Vorrichtungen und Werkzeuge für die Flugzeugindustrie und greift dabei selbst auf Zulieferer zurück. (Foto: Quast Praezisionstechnik)

 

Siehe auch:

http://www.biba.uni-bremen.de

http://www.quast-technik.de

http://www.fmm-service.de

http://www.bmbf.de/de/20635.php

Zurück