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Redaktion: Heinz Schmitz


3D-Kamera für Analysen im Einzelhandel

3D Sensorkamera
Die neue 3D-Sensor-Kamear und einige aktuelle Messergebnisse (Foto: TU Chemnitz/Lars Meinel)

Ob zur Mensch-Technik-Interaktion, zur Steuerung von Maschinen und Robotern oder im Bereich der Fahrerassistenz und des autonomen Fahrens – die Methoden des maschinellen Sehens haben in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Neben aktuellen Themen der Datenauswertung (Stichwort „Deep Learning“) spielen auch neue Kamera-Technologien in dieser Wachstumsbranche eine enorme Rolle. In diesem Umfeld entstand in den vergangenen Jahren eine Vielzahl neuer Produkte. Die 3D-Kameras „Kinect“ oder „RealSense“ der Firmen Microsoft und Intel sind dabei nur zwei prominente Vertreter.

 

„Unsere neue Sensorik kann z. B. zur Hinderniserkennung und Kollisionsvermeidung in Robotern und Drohnen eingesetzt werden oder - an der Decke installiert - Personen in Innenräumen erkennen und deren Verhalten analysieren“, berichtet Lars Meinel, einer der Entwickler. Die Technik basiere auf dem sogenannten Stereo-Vision-Verfahren, welches mehrere bildgebende Sensoren nutzt, um zusätzlich zur Bild- auch eine Tiefeninformation zu berechnen. „Der Vorteil dieser Stereo-Technik ist, dass sie sehr vielseitig einsetzbar ist. Sie funktioniert in Innenräumen genauso gut wie im Freien, wo aktive Messverfahren wie Time-of-flight oder Stuctured-light schnell an ihre Grenzen kommen“, erklärt der Wissenschaftler. Insbesondere die Dissertation des Chemnitzer Forschers Michel Findeisen zu einem neuen Verfahren der trinokularen Stereo- Berechnung habe die Grundlage für die neue Technologie zur hemisphärischen Echtzeit-3D-Erfassung gebildet.

 

„Die möglichen Anwendungen unserer 3D-Kamera sind vielseitig, doch die wirtschaftliche Verwertbarkeit erfolgt erst durch den flächendeckenden Einsatz in einer praktischen Anwendung“, sagt Meinel. Die Umsetzung einer praxisnahen Anwendung sei von Anfang an das Ziel der Entwickler gewesen. Deshalb startet in Kürze das Gründungsprojekt „HemiStereo“. Wichtigste Zielbranche ist aktuell der stationäre Einzelhandel. Dieser kämpft seit Jahren gegen die Überlegenheit der Online-Konkurrenz. „Ein Kernproblem steckt in der Verfügbarkeit von Informationen“, weiß Meinel und erklärt: „Die großen eCommerce-Anbieter wissen viel mehr über ihre Kunden als die stationären Händler und können so individuellere Angebote bereithalten und ihr Warenangebot und ihren Lagerbestand effektiver optimieren.“ Nun dringe Branchengigant Amazon mit dem vollautomatisierten Supermarkt namens „Go“ auch in den stationären Lebensmitteleinzelhandel vor.

 

Um hier als stationären Händler mithalten zu können, kann die 3D-Kamera aus Chemnitz in Verbindung mit Algorithmen des maschinellen Sehens künftig ein wichtiges Hilfsmittel sein. Dazu Meinel: „Mithilfe der 3D- Kamerasysteme kann das Kundenverhalten analysiert werden. So werden beispielsweise Laufwege ermittelt und festgestellt, welche Waren angesehen und eingepackt wurden. Die Auswertung erfolgt natürlich anonymisiert.“ Aufgrund des großen Sichtbereiches der Sensorik seien nur wenige Systeme pro Geschäft nötig.

 

Für ihre Idee wurde das dreiköpfige Gründerteam der TU Chemnitz kürzlich mit einem EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) ausgezeichnet. Mit der Förderung treiben die Chemnitzer nun die Entwicklung voran, erproben den Kundennutzen in der Applikation des Einzelhandels und bereiten die Vermarktung der Technologie in Form des Verkaufs von Sensorkomponenten vor.

Kundenanalyse in einem Supermarkt

Darstellung der Kundenanalyse in einem Supermarkt. Anders als bei vergleichbaren Technologien kann die Erfassung flächendeckend in der gesamten Verkaufsfläche erfolgen. (Grafik: TU Chemnitz/Stephanie Pesterb)

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